Im Blick hat die Kommission vor allem die Bekleidungsindustrie.

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Egal ob "umweltfreundlich", "öko" oder "grün": Produkte, die Nachhaltigkeit versprechen, gelten gemeinhin als Kassenschlager. Unternehmen werben daher gern mit ihrem Umweltbewusstsein – auch wenn in Smartphones, Kleidung oder Kosmetika oft weniger "grün" drin ist, als draufsteht.

Die Europäische Kommission will im Rahmen eines Maßnahmenpakets nun stärker gegen Greenwashing vorgehen. Als Werkzeug hat sie sich dafür das Wettbewerbsrecht ausgesucht. Wie die EU-Behörde vergangene Woche bei einer Pressekonferenz verlautbart hat, soll die "schwarze Liste" an unlauteren Geschäftspraktiken um einige Punkte erweitert werden.

Vage Aussagen wie "öko" oder "grün", die fälschlicherweise den Eindruck erwecken, ein Produkt sei nachhaltig, wären damit automatisch wettbewerbswidrig. Zudem sollen nur noch offizielle Nachhaltigkeitssiegel verwendet werden dürfen – und keine Eigenkreationen, die der Fantasie von Marketingabteilungen entspringen.

Auch "geplante Obsolenz", also die absichtliche Alterung von Produkten, will die Kommission künftig verhindern. Ist in einem Laptop oder einem Drucker etwa Software eingebaut, die das Gerät nach einer bestimmten Zeit langsamer oder gar unbrauchbar macht, muss der Hersteller oder die Herstellerin darüber informieren. Andernfalls läge automatisch ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vor.

Strenge Rechtsprechung

"Greenwashing gilt schon jetzt als Verstoß gegen das allgemeine Irreführungsverbot", sagt Alina Alavi Kia, Juristin in der Kanzlei Cerha Hempel, dem Standard. "Die österreichische Rechtsprechung dazu ist streng." Wenn ein Unternehmen sein Produkt etwa als "klimaneutral" bewirbt, die Klimaneutralität aber ausschließlich durch CO2-Kompensationen erzielt, muss es laut dem Obersten Gerichtshof darauf hinweisen (OGH 28. 11. 2012, 4 Ob 202/12b).

Derartige "Green Claims" haben sich in den letzten Jahren und Monaten gehäuft, sagt Alavi Kia. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat mittlerweile sogar ein eigenes Online-Formular eingerichtet, über das man Fälle von Greenwashing melden kann.

Einfacherer Beweis

Laut Alavi Kia wäre der aktuelle Vorschlag der Europäischen Kommission eine Verschärfung, die sich in der Praxis auswirken würde. "Werden die konkreten Tatbestände wie geplant in die schwarze Liste aufgenommen, wären sie schon per se verboten", sagt die Juristin.

Unternehmen, die Klagen fürchten, werden daher eher vor Greenwashing zurückschrecken, ihre Werbeaussagen doppelt prüfen oder einen aufklärenden Hinweis aufnehmen. Die schwierige, aber zentrale Frage, wann ein Produkt überhaupt als "grün", "ökolgisch" oder "nachhaltig" gilt und ein "Greenclaim" daher zulässig ist, müssten letztlich die Richterinnen und Richter klären.

Ändern will die Kommission neben dem Wettbewerbsrecht auch die Verbraucherschutzrichtlinie. Händlerinnen und Händler sollen demnach dazu verpflichtet werden, ihre Kundinnen und Kunden darüber zu informieren, wie lang ein Produkt hält, wie leicht es sich reparieren lässt und wie lang Ersatzteile verfügbar sind.

Fix ist freilich noch nichts, denn die Beratungen zwischen EU-Kommission, Mitgliedsstaaten und Europäischem Parlament gehen jetzt erst los. Und auch die Brüsseler Konzernlobbyisten, die das aktuelle Nachhaltigkeitspaket als Gefahr sehen, scharren bereits in ihren Startlöchern. (Jakob Pflügl, 4.4.2022)