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Für 18- bis 49-Jährige soll es stattdessen eine verpflichtende Impfberatung geben.

Foto: REUTERS / Dado Ruvic

Berlin – In Deutschland wird es nach derzeitigem Stand keine verpflichtende Corona-Impfung ab 18 Jahren geben. Auch einer Kompromissvorschlag einer Gruppe von Ampel-Politikern, der zunächst eine Impfpflicht ab 50 Jahren und eine spätere Abstimmung über eine Impfpflicht ab 18 Jahren vorsieht, traf sowohl bei der Union als auch in den eigenen Reihen auf Ablehnung. Somit ist es fraglich, ob einer der Vorschläge bei der Abstimmung im Bundestag am Donnerstag eine Mehrheit erreichen wird.

In diesem Fall wäre eine Impfpflicht in Deutschland vorerst vom Tisch. Gesundheitsminister Karl Lauterbach warb für das neue Konzept, das neben der abgestuften Impfpflicht die Einführung eines Impfregisters vorsieht. "Dieser Vorschlag ist ein sehr guter Kompromiss. Er nimmt das Wichtigste aus allen Anträgen zur Impfpflicht auf", argumentierte Lauterbach am Montag. Laut Berichten sollen sich Personen zwischen 18 und 49 Jahren einer verpflichtenden Impfberatung unterziehen. Anfang September könnte dann ein neuer Anlauf für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren genommen werden.

Drei Konzepte zur Abstimmung

Zur Debatte für die Abstimmung im Bundestag standen bisher eine Ablehnung der Impfpflicht, eine Pflicht ab 18 Jahren, eine ab 50 Jahren und das Unions-Konzept einer abgestuften Impfpflicht, die erst ab einer schwierigen Pandemie-Entwicklung gelten soll. Lauterbach hatte sich wie Kanzler Olaf Scholz (SPD) eigentlich für eine Impfpflicht ab 18 Jahren ausgesprochen. Bei der Abstimmung gilt kein Fraktionszwang, diesen hatte die Ampel-Koalition mit dem Hinweis auf die ethischen Aspekte der Frage einer Impfpflicht aufgehoben. Daraufhin hatten sich Mitglieder der Ampel-Koalition in verschiedenen Gruppenanträgen versammelt. Die Union wiederum hat ein eigenes Konzept vorgelegt.

Weil keiner der Anträge und Gesetzentwürfe eine Mehrheit hinter sich vereinen kann, hatte eine Gruppe von Abgeordneten aus SPD, Grünen und FDP am Montag einen Kompromiss vorgelegt. Dazu gehören neben Till Steffen (Grüne) auch Dagmar Schmidt (SPD), Dirk Wiese (SPD), Janosch Dahmen (Grüne), Heike Baehrens (SPD), Katrin Helling-Plahr (FDP) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Die sieben Parlamentarier hatten bisher alle eine Impfpflicht ab 18 Jahren befürwortet. Man habe dafür 237 Unterstützer gefunden, so viel wie kein anderer Antrag, sagte Schmidt. Deshalb fühle man sich verpflichtet, nun nach einem Kompromiss zu suchen.

Impfpflicht ab 50 Jahren geplant

In dem neuen Konzept werden Elemente auch der konkurrierenden Anträge aufgenommen. So soll der Bundestag zunächst nur eine Impfpflicht ab 50 Jahren beschließen, die nach dem 3. Oktober gelten soll. Anfang September soll der Bundestag je nach Pandemie-Entwicklung zudem entscheiden, ob es auch eine Impfpflicht für 18- bis 49-Jährige geben soll. Es sei wichtig, ein Impfregister anzulegen, sagte der Grünen-Politiker Steffen. "Wir bauen ein Impfregister auf, wie die CDU es wollte. Jeder, der die Impfpflicht will, kann sich hier wiederfinden", betonte auch Gesundheitsminister Lauterbach. "Wer aber dagegen stimmt, riskiert erneut Lockdowns und Leid im Herbst."

Experten rechnen damit, dass im Herbst die Zahl der Corona-Neuinfektionen nach einem Rückgang im Sommer wieder deutlich ansteigen wird. Eine Impfpflicht wird von den führenden Politikern von SPD und Grünen für nötig erachtet, weil die Impfquote in Deutschland relativ gering ist. Am Montag hatten sich erst 76,6 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal impfen lassen.

Ablehnung für Kompromissvorschlag

Trotz der Mahnung von Lauterbach und der Appelle von Kanzler Scholz für eine Impfpflicht kam umgehend Ablehnung für den Kompromissvorschlag. So kündigten die Befürworter einer Impfpflicht ab 50 Jahren an, dem neuen Konzept nicht zustimmen zu wollen. "Eine sofortige Impfpflicht ab 50 ohne Würdigung der vielen unbekannten Variablen im Herbst ... kann auf der Basis der aktuellen Datenlage nicht ausreichend gut begründet werden", schrieben die Abgeordneten Andrew Ullmann (FDP), Paula Piechotta, Kordula Schulz-Asche (beide Grüne), Franziska Mascheck und Herbert Wollmann (SPD) in einer gemeinsamen Stellungnahme. Deshalb könne man nicht zustimmen und werbe für einen "echten Brückenschlag".

"Wir bleiben bei unserem Konzept", sagte auch der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge zu Reuters. "Ich bin überrascht und irritiert von dem Vorschlag", sagte Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) dem "Spiegel". CDU-Chef Friedrich Merz hatte schon am Wochenende angedeutet, dass er ein Scheitern der Impfpflicht gelassen sieht. "Falls vorläufig keine Impfpflicht in Deutschland kommt, befänden wir uns in guter Gesellschaft auf der Welt", hatte er am Wochenende getwittert. "Anfang 2022 gab es bessere Gründe für eine Impfpflicht." (APA, 4.4.2022)