Johannes Steinhart ist ein langjähriger Kammerfunktionär: Vizepräsident in Land und Bund sowie auch auf beiden ebenen Obmann der Kurie der niedergelassenen Ärzte.

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Wien – Bei den Landesärztekammerwahlen geht es in den Endspurt: Am Mittwoch war Oberösterreich an der Reihe, tags darauf die Steiermark, und am Freitag macht Salzburg den Abschluss. Dann waren insgesamt rund 48.000 Ärztinnen und Ärzte aufgerufen, ihre Standesvertretung zu wählen.

Erste Ergebnisse gibt es schon: In Oberösterreich konnte die Liste "Pro Medico / Vereinigung der oberösterreichischen Ärzte" des amtierenden Präsidenten Peter Niedermoser mit 30 von 45 Mandaten ihren ersten Platz verteidigen. Dieser bleibt nun Präsident. Auf Platz zwei landeten mit elf Mandaten die "Spitalsärzte Oberösterreich". Angetreten ist auch eine Fraktion, die von MFG (Menschen, Freiheit, Grundrechte) unterstützt wird – jene des Allgemeinmediziners Silvester Hutgrabner. Diese Liste mit dem Namen "Ärzte für Ärzte – oberösterreichischer Ärzteverband" erreichte vier Mandate. Die Wahlbeteiligung war mit 52,9 Prozent so hoch wie noch nie.

Nicht nur in Oberösterreich hat MFG, die gegen die Corona-Impfung auftritt, unter den Medizinerinnen und Medizinern Anklang gefunden: Die Gruppe stellte bei den Kammerwahlen in drei anderen Bundesländern selbst Kandidatinnen und Kandidaten auf und errang in Wien sechs von 90 Mandaten, im Burgenland eines von 31 und zuletzt am Samstag in Niederösterreich vier von 53.

Bundeschef steht Ende Juni fest

Die Spitze der Ärztevertretung im Bund wird Ende Juni in der Vollversammlung gewählt, zur Auswahl stehen dabei die Chefs der Landeskammern. Nachdem Peter Niedermoser in Oberösterreich als Präsident bestätigt wurde, hat er auch im Bund gute Chancen: Er ist erfahren, und das Bundesland hat Gewicht.

Aus diesen Gründen ist vor allem auch Johannes Steinhart im Bund im Rennen. Alles sieht danach aus, dass er Thomas Szekeres in Wien beerbt. Die als ÖVP-nahe geltende "Vereinigung" des 67-jährigen niedergelassenen Urologen erhielt am 19. März die meisten Stimmen (26 Mandate). Das war auch 2012 und 2017 so, doch damals sicherte sich Szekeres die Mandatsmehrheit und wurde auch im Bund Präsident. Nun bekundeten bereits Vertreter von acht Fraktionen, Steinhart bei der Vollversammlung am 3. Mai zum Wiener Chef zu machen. Ende letzter Woche kam nach der Trennung der Mittelbau-Gruppe eine Fraktion hinzu – macht 56 der 90 Mandate.

Von Szekeres zu Steinhart

Die Grünen unterstützen nun Steinhart statt Szekeres. Er vermittle "eine Aufbruchsstimmung", sagt Listenerster Michael Lazansky. Die "Vereinigung" habe sich verjüngt. Außerdem hätten die Grünen den Eindruck, ihre Themen einbringen zu können. Und Steinhart plane eine Verschlankung der Kammer. Unter Szekeres habe sich hingegen eine Behäbigkeit eingestellt.

Der Wahlsieger selbst erwähnt auf die Frage, warum es nun, beim dritten Anlauf, klappen dürfte: Dass seine Liste sich verjüngt habe, man einen großen Feminisierungsschritt gemacht habe und nun breiter aufgestellt sei. Und: "Gleichzeitig war eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Bisherigen spürbar." Steinhart selbst ist erfahrener Kammerfunktionär: seit 2012 Obmann der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte, auf Landesebene sogar seit 1999. Er sieht viele Herausforderungen auf sich zukommen. Die Pandemie und ihre Folgen, die Klimakrise, der Ukraine-Krieg – all das werde sich auf Wirtschaft und Gesundheitssystem auswirken.

Kommunikation verbessern

Schnellstmöglich verbessern will er die Kommunikation innerhalb der Kammer. In seinem Büro sei schon der erste Schritt getan: "Dort steht nichts mehr außer einem großen Besprechungstisch, keine hierarchischen Throne." Er sei Teamplayer. Und ihm ist wichtig, dass Arztsein ein freier Beruf bleibt.

Steinhart will auch mit MFG reden. Nicht als Koalitionspartner, aber "ich halte nichts von einer ausgrenzenden Polarisierung". Bei MFG selbst sieht man den Erfolg in der Ärzteschaft als Zeichen dafür, "dass viele Menschen selbst denken und selbst denken wollen", wie MFG-Listenerster Christian Fiala sagt.

Hintergrund der hunderten Wahlstimmen sei, dass viele Ärztinnen und Ärzte Menschen mit Impfkomplikationen behandeln würden. Deshalb habe MFG unter niedergelassenen Allgemeinmedizinern viel Zustimmung erhalten. Außerdem sei die Ärztekammer "zum verlängerten Arm der Regierung" geworden. Künftig wünsche er sich mehr Respekt untereinander und mehr Transparenz in der Kammer. Wer am 3. Mai wirklich Präsident wird, ist für Fiala noch offen. Szekeres sagt hingegen zur offenbar stehenden Koalition: "Ich muss das so zur Kenntnis nehmen." (Gudrun Springer, 6.4.2022)