"Krone"-Herausgeber Christoph Dichand 2019 vor einer Verhandlung gegen die deutsche Funke-Gruppe am Wiener Handelsgericht.

Foto: Robert Newald

Karlsruhe/Wien – Die "Krone"-Eigentümerfamilie Dichand hat nach STANDARD-Informationen den nächsten Punkt im jahrzehntelangen Streit mit ihren Mitgesellschaftern von der deutschen Funke-Mediengruppe – mit Immobilienmilliardär René Benko an Bord – gemacht. Der deutsche Bundesgerichtshof hat eine Beschwerde der Funke-Gruppe in einem Verfahren über Gewinngarantien gegenüber den Dichands zurückgewiesen.

Die Entscheidung zugunsten der Dichands soll schon im März ergangen sein. Ein Sprecher des Gerichtshofs in Karlsruhe bestätigt auf STANDARD-Anfrage die Entscheidung über die Beschwerde der Funke-Gruppe: "Die Rechtsbeschwerde wurde durch Beschluss vom 10. März 2022 als unzulässig verworfen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist."

Es geht um Millionen

Mit einem hohen einstelligen Millionenbetrag kann die "Krone"-Eigentümerfamilie Dichand Jahr für Jahr rechnen – garantiert in den Rahmenverträgen mit den deutschen Mitgesellschaftern. Die Funke-Mediengruppe muss diesen Garantiegewinn den Dichands auszahlen, wenn das Kleinformat ihn nicht abwirft. Schon zumindest einmal entschied ein Schiedsgericht, dass der Essener Verlagskonzern den Dichands den garantierten Gewinn überweisen muss – was dieser damals auch tat.

Doch die Funke-Gruppe, spätestens seit Anfang der 2000er-Jahre im erbitterten Streit mit den "Krone"-Mitgesellschaftern, versucht die Gewinngarantie als Hebel gegen die Dichands einzusetzen. Auch bei einem geschätzt hoch dreistelligen Millionenvermögen, angelegt insbesondere in Kunstschätzen und Immobilien, können ein paar Millionen mehr oder weniger schon die Nerven reizen – vor allem wenn sich der Streit über Jahre zieht und man von gezielter Verzögerungstaktik ausgeht.

Gewinngarantie für 2018/19

Im gerade beendeten Verfahren vor dem Bundesgerichtshof geht es im Grunde um die Gewinngarantie für die Dichands aus dem Geschäftsjahr 2018/19, das Mitte 2019 endete. Wie kam sie nach Karlsruhe?

Die etwas ungewöhnliche Route der Wiener Gewinngarantie zum deutschen Bundesgerichtshof in groben Zügen: Die Funke-Gruppe verweigert bis heute die Zustimmung zum Jahresabschluss 2018/19 in einer gemeinsamen Gesellschaft. Motto: ohne Jahresabschluss keine Gewinnausschüttung, auch keine garantierte. Auch der vor wenigen Tagen beim Firmenbuch deponierte Jahresabschluss des "Krone"-"Kurier"-Verlagskonzerns Mediaprint über das Geschäftsjahr 2020/21 (mit wieder soliderem Ergebnis, mehr unten im Infokasten) trägt den Vermerk: "Festgehalten wird, dass dieser Jahresabschluss ein vorläufiger Jahresabschluss ist, weil er von den Gesellschaftern noch nicht festgestellt wurde."

Parallel zur Blockade bei den Jahresabschlüssen erklärte die Funke-Gruppe mehrfach die Kündigung der Rahmenvereinbarungen über diese Gewinngarantie (und andere Vorrechte der Dichands in der "Krone"). Die Dichands riefen gegen diese Kündigungen Schiedsgerichte nach Schweizer Recht an, wie sie in den "Krone"-Verträgen zur Klärung von Gesellschafterstreitigkeiten vorgesehen sind.

Berlin, Zürich, Bern, Karlsruhe, Wien: Gericht um Gericht

  • Ein Schiedsgericht nach Schweizer Recht entschied am 20. Mai 2020 (wieder einmal, aber nun definitiv), dass die Rahmenvereinbarungen der "Krone"-Gesellschafter nur aufzukündigen seien, wenn man auch die Gesellschaftsverträge auflöst. Auch dafür gibt es eine Regelung: Wer aussteigt, muss den Mitgesellschaftern seine Anteile zum – sehr geringen – Buchwert zum Kauf anbieten. Das Schweizer Bundesgericht bestätigte im April 2021 die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, die Funke-Gruppe hatte dort Beschwerde eingelegt.
  • Die Funke-Gruppe klagte beim Handelsgericht Wien, grob gesagt: gegen die Zuständigkeit einer Schweizer Schiedsgerichts für solche Streitfragen. Die deutschen "Krone"-Mitgesellschafter wollen sie nun vor ordentlichen Gerichten austragen. Die Richterin ließ in einer Verhandlung 2019 durchklingen, dass sie eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts sieht. Das Verfahren am Wiener Handelsgericht wird freilich auf Antrag unterbrochen – denn die Funke-Gruppe klagte parallel auch am Berliner Kammergericht gegen die Zuständigkeit von Schiedsgerichten.
  • Das Berliner Kammergericht wies die Klage der Funke-Gruppe gegen die Schiedsgerichtsbarkeit für "Krone"-Streitigkeiten im Juli 2021 ab. Der deutsche Bundesgerichtshof bestätigte nun die Entscheidung des Berliner Gerichts: Er verwarf die Rechtsbeschwerde der Funke-Gruppe als "unzulässig". Eine Begründung gab es nach Auskunft des Bundesgerichts nicht; man habe den Vorwurf von Verfahrensmängeln geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet.

Das jüngste Schiedsgericht

Das Verfahren am Wiener Handelsgericht könnte ebenfalls wiederaufleben. Der Streit um die Gewinngarantie könnte nun wieder vor einem Schweizer Schiedsgericht behandelt werden. Es wäre in dem jahrzehntelangen Streit mit etwa einem Dutzend Schiedsgerichtsverfahren nicht weiter überraschend, wenn die Dichands die schon eine Weile ausständige Gewinngarantie längst eingeklagt hätten.

Benko und die Rahmenverträge

Die Funke-Gruppe hat seit Ende 2019 den österreichischen Immobilienmilliardär René Benko an Bord ihrer Österreich-Beteiligungsholding für "Krone" und "Kurier", der die Funke-Beteiligungen ganz übernehmen will – und ebenfalls bisher an den Rahmenverträgen scheiterte.

Die Verträge sehen ein Vorkaufsrecht für bestehende Gesellschafter vor, sobald ein neuer Player Anteile in bestimmender Höhe kauft. Die Dichands könnten dann also Anteile aufgreifen.

Deshalb hat Benko bisher nur 49 Prozent an der Funke-Holdinggesellschaft übernommen, die 50 Prozent an der "Krone" und fast 50 Prozent am "Kurier" hält. Für die übrigen Funke-Anteile hat Benko eine Kaufoption – für beide Tranchen sollen jeweils rund 80 Millionen Euro vereinbart sein.

Auch wenn das Klima zwischen Dichands und Funke-Gruppe zuletzt etwas weniger konfrontativ wirkte: Friedenssignale sind bisher, jedenfalls von außen, nicht erkennbar. (fid, 5.4.2022)