Mit einem großen Polizeiaufgebot wurden am Dienstag die letzten Aktivistinnen und Aktivisten von der Baustelle in im 22. Wiener Gemeindebezirk weggebracht.

Foto: Christian Fischer

Wien – Im Zusammenhang mit der am Dienstag vorgenommenen Räumung eines Protestcamps gegen die geplante Stadtstraße in Wien-Donaustadt soll es nach der offiziellen Räumung zu gefährlichen Szenen gekommen sein. Aktivistinnen und Aktivisten hatten im Anschluss auf einer nahe gelegenen Wiese in der Anfanggasse mehrere Baumaschinen besetzt. "Sie wurden von Polizeibeamten einfach runtergezerrt. Ohne jede Sicherung", berichtete "Lobau bleibt"-Sprecherin Anna Kontriner.

Ausständige "Lektionen in puncto Medienfreiheit"

Reporter ohne Grenzen (RSF) übte indes scharfe Kritik an der Asfinag, die Securities abgestellt hatte, die Medienvertreter am Betreten des Geländes jenseits eines von der Polizei festgelegten Medientreffpunkts hinderten, was zumindest eine Sicht auf das von der Polizei abgeriegelte Protestcamp möglich gemacht hätte. Medienvertretern müsse grundsätzlich "freier Zugang" zum Gegenstand ihrer Berichterstattung möglich sein, betonte RSF-Präsident Fritz Hausjell am Mittwoch: "Die Polizei hat da die entsprechende Routine. Demgegenüber hat die Asfinag offensichtlich noch einige Lektionen in puncto Gewährleistung der Medienfreiheit vor sich."

Die Asfinag hatte am Dienstag ihre Vorgangsweise damit begründet, in der Nähe des Medientreffpunkts der Polizei befinde sich ein Baubüro mit kritischer Infrastruktur. Diese habe man "beschützt". Für Hausjell handelt es sich dabei um eine "hochproblematische Unterstellung". Es sei "nicht nachvollziehbar", wenn die Asfinag davon ausgehe, Journalisten würden kritische Infrastruktur gefährden.

Medientreffpunkt laut Asfinag für "ortsunkundige Journalisten"

Die Asfinag ließ die Kritik von Reporter ohne Grenzen nicht gelten. Wie eine Sprecherin erklärte, sei der vom Camp räumlich und sichttechnisch abgetrennte Medien-Treffpunkt gemeinsam mit der Polizei ausgewählt worden, um einen "gesammelten Platz für Interviews" zur Verfügung zu stellen. "Wir wollten vermeiden, dass Unklarheit herrscht, wo kriegen wir einen O-Ton her", sagte die Sprecherin. Die Securities hätten sich nur in diesem Bereich befunden, nicht aber am oder beim Camp: "Wie weit die Polizei Leute vorlässt, liegt nicht in unserem Ermessen." Die Asfinag habe verhindern wollen, dass ortsunkundige Journalisten "im ausufernd großen Gelände" die Orientierung verlieren: "Das hätte mehr Chaos verursacht."

Das STANDARD-Videoteam war am Dienstag bei der Räumung vor Ort.
DER STANDARD

Was die Räumung des Camps selbst anlangt, so sei die Auflösung des Camps selbst von Spezialkräften der Polizei vorgenommen worden, später aber hätten in der Anfanggasse "gewöhnliche Beamte" Protestierende aus einer Höhe von zwei Metern ungesichert von einem Bagger gezogen, sagte Sprecherin Kontriner. "Ob es Verletzte gegeben hat, wissen wir nicht." 34 bis 38 vorläufig festgenommene Aktivistinnen und Aktivisten hätten die Nacht im Polizeianhaltezentrum verbracht. Der Großteil davon wurde am Mittwochvormittag noch angehalten. "Unseres Wissens wurden bisher erst sieben Personen auf freien Fuß gesetzt", teilte Kontriner kurz vor 11.30 Uhr mit.

Anhaltung darf maximal 24 Stunden dauern

Dem Verwaltungsstrafrecht zufolge dürfen Personen, die auf frischer Tat bei einer Verwaltungsübertretung angehalten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festgenommen werden, wenn sie dem Polizeiorgan unbekannt sind, sich nicht ausweisen und die Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist. Die vorläufige Festnahme ist auch erlaubt, wenn der Betretene trotz Abmahnung "in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht", wie es im Verwaltungsstrafgesetz (VStG) heißt. Die Anhaltung darf allerdings "keinesfalls länger als 24 Stunden dauern", normiert Paragraf 36 Absatz 1 VStG.

Laut Polizei gab es am Dienstag 33 Festnahmen und 39 Anzeigen – alle wegen Verwaltungsdelikten. Rund zehn Festgenommene befanden sich Mittwochmittag noch in Polizeigewahrsam. Aber auch diese sollten im Laufe des Tages entlassen werden, sobald die 24-Stunden-Frist abgelaufen ist.

Geäußerte Kritik an der Pressearbeit wies die Polizei zurück. Allen Journalisten und Journalistinnen, die beim eingerichteten Medienzentrum angefragt hatten, wurde es demnach ermöglicht, in Begleitung eines Pressesprechers in einen inneren Bereich der Räumung zu gelangen, hieß es zur APA. (APA, 6.4.2022)