Eine Schweinemast ist kein Streichelzoo. Nahrungsmittelproduktion ohne Tierleid ist Illusion, vor allem in einer Fleischnation. Ein Österreicher verzehrt im Schnitt jährlich allein knapp 40 Kilo an Schweinernem, die Umstände der Produktion werden dabei ausgeblendet. In der Werbung gibt Österreich Millionen aus, um die Idylle des Feinkostladens international hochzuhalten. Die eigene Bevölkerung ruft man zu Konsumpatriotismus auf, die regionale und vielerorts noch klein strukturierte Lebensmittelerzeugung wird verklärt.

Dass die Kriterien für Tierschutz bei Schweinen hierzulande grosso modo auf EU-Minimumniveau liegen, kehren Landwirtschaftspolitiker gern unter den Teppich. Mastsauen wie ihre Artgenossen in Europa fressen Soja aus Südamerika. Sie leben überwiegend auf Vollspaltenböden und atmen ätzende Dämpfe ihrer Ausscheidungen ein. Zehn Tiere teilen sich sieben Quadratmeter große Boxen. Das erste Tageslicht sehen die meisten erst auf dem Weg in den Schlachthof. Doch Blicke hinter die Stalltüren verkaufen sich nicht gut.

Ein Österreicher verzehrt im Schnitt jährlich allein knapp 40 Kilo an Schweinernem, die Umstände der Produktion werden dabei ausgeblendet.
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Es gibt freiwillige Gütezeichen des Handels, die weniger Tierleid versprechen. Das ist ein wichtiges, längst überfälliges Signal, um Konsumgewohnheiten zu überdenken. Vereinzelte Fleißaufgaben dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fleischwirtschaft auf der anderen Seite regelmäßig selbst niedrigste Standards untergräbt.

Tierquälerei

Einmal mehr schockieren Videos aus einem Stall von offensichtlich schwer verletzten, verwahrlosten Schweinen. Es ist nicht der erste Fall massiver Tierquälerei in Österreich, und es wird nicht der letzte bleiben. Mit einem bedauerlichen Betriebsunfall allein hat das wenig zu tun. Sich auf einzelne schwarze Schafe auszureden ist fahrlässig: Dahinter steckt systematisches Versagen auf vielen Ebenen.

Warum sind Veterinärbehörden personell dermaßen ausgedünnt, dass alle Kontrollmechanismen ins Leere gehen? Wie kann es sein, dass ein als Aushängeschild dienendes AMA-Gütesiegel nur eine verpflichtende Betriebskontrolle alle drei Jahre vorsieht? Dass die AMA routinemäßiges Schwanzkupieren der Ferkel ebenso erlaubt wie ihr Kastrieren ohne Betäubung und dass sich ihre in Trippelschritten geplanten Verbesserungen im Tierschutz über bis zu zehn Jahre ziehen, lässt das Vertrauen in Qualität aus Österreich nicht gerade wachsen.

Unbestritten ist, dass Österreich weltweiten Marktmechanismen unterworfen ist. Fleisch wird international gehandelt, auf seine Preise hat ein Land allein kaum Einfluss. Für die Industrie ist es ein Werkstoff, den es zu bearbeiten gilt. Von Konsumenten zu verlangen, über Tierwohl an der Supermarktkasse und beim Wirt abzustimmen, greift zu kurz.

Die Fleischwirtschaft hat eklatante Fehler im System, die letztlich nur Verlierer hervorbringt: Bauern, die finanziell auf der Kippe stehen; Schweine, die zu hochindustrialisierten Produktionsmitteln degradiert werden; und Konsumenten, denen vorgegaukelt wird, dass Massentierhaltung keinen Preis hat. (Verena Kainrath, 6.4.2022)