Kehrtwende von Außenminister Schallenberg.

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Die russische Botschaft in Wien.

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Wien/Salzburg – Nach mehrtägigem Zögern schließt sich auch Österreich den europäischen Sanktionsmaßnahmen gegen russische Diplomaten an. Der diplomatische Status von drei Angehörigen der russischen Botschaft in Wien und einem Angehörigen des Generalkonsulats in Salzburg werde aufgehoben, teilte eine Sprecherin von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am Donnerstag mit. Sie müssen Österreich spätestens am 12. April verlassen.

Die Personen hätten mit dem Wiener Übereinkommen unvereinbare Handlungen gesetzt, hieß es in Anspielung auf Geheimdiensttätigkeiten. Schallenberg hatte noch am Dienstagabend in der "ZiB 2" betont, noch keine Handhabe für Ausweisungen zu haben. Zugleich erklärte er, handeln zu wollen, wenn es "starke Indizien" für entsprechende Verstöße von Diplomaten gebe.

Die Entscheidung folgt einen Tag nach der Aussage des russischen Vizeaußenministers Alexander Gruschko, dass Moskau trotz der Ausweisungen an diplomatischen Beziehungen mit den westlichen Staaten festhalten wolle. Schallenberg hatte sich im "ZiB 2"-Interview besorgt gezeigt, dass die österreichische Botschaft in Moskau im Fall eines russischen Vergeltungsakts würde schließen müssen.

Kritik aus Russland

Österreich habe keine Beweise für eine "rechtswidrige Tätigkeit der Diplomaten" zur Verfügung gestellt, beklagte sich der russische Botschafter in Wien, Dmitri Ljubinski. "Wir beurteilen die vom Außenministerium verkündete Entscheidungen als offen unfreundlich", schrieb er in einer Erklärung. Sie seien ein weiterer Schlag für die "Struktur der bilateralen Beziehungen", die jahrzehntelang aufgebaut worden seien. Eine derart kurzsichtige Position könne nur Bedauern hervorrufen.

Kritik kam auch von der FPÖ. Österreich reiße damit die letzte bestehende Brücke der Diplomatie endgültig ab, meinte der außenpolitische Sprecher der FPÖ, Axel Kassegger. Schallenberg hätte versuchen müssen, Russland und die Ukraine zu Friedensverhandlungen nach Österreich zu bringen, hieß es.

Ausdrücklich begrüßt wurde die Ausweisung von den Neos. Deren Generalsekretär Douglas Hoyos meinte, Schallenberg habe dem Druck "endlich nachgegeben". "Eine späte Reaktion ist besser als keine Reaktion", so Hoyos. Die Neos hatten als Erste bereits am Dienstag die Ausweisungen gefordert, am Mittwoch positionierten sich auch die Grünen dafür. Die SPÖ zeigte sich zurückhaltend, die FPÖ klar dagegen. Schallenberg hatte sein Zögern hauptsächlich mit dem Sonderstatus Wiens als Sitz internationaler Organisationen begründet.

Symbolischer Schritt

Die vier Ausweisungen sind nur ein symbolischer Schritt, schließlich hat Russland bisher 146 Personen bilateral in Österreich akkreditiert. Nach Informationen des Außenministeriums vom Mittwoch hat Russland 68 Diplomaten und 75 Personen aus dem administrativ-technischen Personal sowie drei Berufskonsuln in Wien stationiert.

Zusammen mit russischem Botschaftspersonal bei internationalen Organisationen kommt man auf eine Gesamtzahl von derzeit 290 Personen. Umgekehrt hat Österreich 33 Personen für seine Moskauer Botschaft in Russland akkreditiert. Es handelt sich um 15 Diplomatinnen, elf Angehörige von Fachressorts und sieben administrativ-technische Mitarbeiter.

Litauen wies Botschafter aus

Nach Bekanntwerden des Massakers von Butscha hatten eine Reihe europäischer Staaten Ausweisungen russischer Diplomaten verkündet. Am radikalsten waren dabei Litauen und Slowenien. Litauen schickte sogar den russischen Botschafter nach Hause, was einer Herabstufung der diplomatischen Beziehungen gleichkommt. Slowenien ging nach Artikel 11 der Wiener Konvention vor, die eine Verringerung des Botschaftspersonals auf den Umfang des eigenen Personals im Entsendeland ermöglicht. Damit müssen 33 der 41 russischen Diplomaten Ljubljana verlassen.

Die ersten Staaten, die Ausweisungen verkündeten, waren am Montag Litauen, Deutschland und Frankreich. Am Dienstag folgten dann Spanien, Dänemark, Schweden, Slowenien, Rumänien, Portugal, Estland und Lettland. Am Mittwoch setzten auch Norwegen und das traditionell eher dem russlandfreundlichen Lager in der EU zugerechnete Griechenland diese Maßnahme. (APA, 7.4.2022)