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Christian Schmidt nutzte seine "Bonn Powers".

Foto: DADO RUVIC / Reuters

In dem bosnischen Landesteil Republika Srpska (RS) wurde just an dem Tag, an dem an den Beginn des Krieges vor 30 Jahren erinnert wurde, ein Gesetz im Amtsblatt veröffentlicht, wonach Immobilien, die im Staatsbesitz stehen, in den Besitz der RS übergehen sollen. Das Gesetz ist verfassungswidrig. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich festgestellt, dass nur das Parlament von Bosnien-Herzegowina über offene Fragen des Staatseigentums entscheiden kann.

Der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft, Christian Schmidt, hat deshalb am Donnerstag eine ältere Entscheidung, die bereits unter dem Hohen Repräsentanten Paddy Ashdown getroffen wurde, "reaktiviert" und das Gesetz, das offiziell "Gesetz über unbewegliches Vermögen, das für die Tätigkeit öffentlicher Behörden verwendet wird", heißt, damit für "null und nichtig" erklärt. Schmidt forderte die Behörden der Republika Srpska auf, das Gesetz sofort zu widerrufen.

Bonner Vollmachten

Der Hohe Repräsentant ist in Bosnien-Herzegowina für die Umsetzung des Daytoner Friedensabkommens zuständig und hat weitreichende Vollmachten ("Bonn Powers"). Das betreffende Gesetz könnte auch vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden, dieser ist allerdings überlastet – und so könnte es lange Zeit dauern, bis eine Sitzung zu dem Thema anberaumt werden kann. In der Zwischenzeit könnte die Umsetzung des Gesetzes durch die Registrierung des Staatsbesitzes als Besitz der RS aber eine rechtliche Grauzone und schwer revidierbare Fakten schaffen.

Vertreter der Republika Srpska versuchen in den vergangenen Monaten vermehrt – genauso wie vor 30 Jahren –, den Landesteil abspalten. Sie setzen immer weitere Schritte in diese Richtung. Vergangenen Herbst hat die größte bosnisch-serbische Partei SNSD, deren Chef Milorad Dodik ist, gleich mehrere Gesetze in Gang gebracht, um eine Grundlage für die Sezession zu schaffen. Dodik tat auch auf symbolischer Ebene so, als würde die Republika Srpska zu Serbien gehören und nahm etwa an der Wahl des serbischen Präsidenten vergangenen Sonntag teil.

Deutschland reagiert

Die EU ist wegen des Widerstands von Ungarn – Viktor Orbán unterstützt Dodik – und Kroatiens nicht in der Lage, Sanktionen gegen Dodik zu erlassen, wie sie bereits seit Jahren seitens der USA gelten. Doch die deutsche Regierung will nun Konsequenzen setzen und Projektgelder für die Republika Srpska einfrieren.

Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes ist heikel. Denn genau vor 30 Jahren begann eine Armee von separatistischen serbischen Nationalisten, unterstützt von dem Regime von Slobodan Milošević im Nachbarstaat Serbien, einen Krieg in Bosnien-Herzegowina. Diese Armee hatte zum Ziel, möglichst große Teile des Staates unter ihre Kontrolle zu bekommen, um diese dann an ein Großserbien anzuschließen. Die Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina, Sarajevo, wurde dreieinhalb Jahre belagert und beschossen. 100.000 Menschen starben in dem Krieg, der bis 1995 dauerte. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 7.4.2022)