Wölfe bleiben ein Dauerthema in Tirol.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Innsbruck – Zum Tiroler Dauerthema "Problemwolf" haben die Tiroler Grünen vor der heurigen Almsaison gefordert, dass alle Wölfe besendert werden. "Jeder Wolf, der über den Brenner lugt, muss besendert werden", sagte Klubobmann Gebi Mair am Donnerstag. Und kritisierte dahingehend auch den Koalitionspartner in Person von Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP). Denn in Sachen Besendern sei in der Vergangenheit "zu wenig passiert", so Mair. Geisler bezeichnete die Mair-Forderung als "fern jeder Realität".

Geisler: Realitätsfremder Vorschlag

"Fern jeder Realität" sei sie vor allem deshalb, weil es sich bei Tirol um ein Gebirgsland handle, erklärte Agrarlandesrat Geisler der APA. Die Experten des Fachkuratoriums "Bär-Wolf-Luchs", dessen Beschlüsse bindend seien, hätten bereits festgestellt, dass Besenderungen kein gangbarer Weg sind. So habe es etwa beim Problemwolf 118 MATK geheißen: Da es sich dabei "um einen vermutlich nichtterritorialen Wolf handelt, ist der Versuch der Besenderung und Vergrämung aussichtslos".

Geisler schließt daraus: "Die Forderung nach Besenderung sämtlicher in Tirol aufhältiger Wölfe geht damit völlig ins Leere." Er fügte hinzu: "Wenn die Grünen wirklich keine Problemwölfe in Tirol haben wollen, sollten sie aktiv mithelfen, dass wir solche auch abschießen können."

Mair: "Vom "Reden allein haben die Bauern auch nix"

Mair hatte in Bezug auf das Besendern bei einer Pressekonferenz von einer "Handlungsaufgabe" für Geisler gesprochen. Vom "Reden allein haben die Bauern auch nix", meinte Mair angesprochen auf eine jüngste, scharfe Kritik Geislers an der EU in Sachen Wolf. Auch den Tiroler Jägerverband nahm der Klubchef in die Pflicht: Die Raubtiere zu besendern – also zu betäuben und ihnen einen Halsbandsender anzubringen – sei eine "Aufgabe für die Tiroler Jägerschaft". Dazu brauche es ein Commitment des Verbandes, das er derzeit noch nicht sehe. "Ich bin überzeugt, dass es gelingen kann", betonte Mair. Dies würden die Beispiele Trentino und Graubünden zeigen.

Der Jagdverband reagierte jedoch ebenfalls mit Unverständnis. Präsident Anton Larcher nannte die Forderung unrealistisch. Außerdem sei sie zynisch gegenüber den Landwirten, die um Tiere fürchten müssten.

Mair: "Zusammenkommen statt zusammenkrachen"

"Wer besendert, schützt Wölfe und Bauern. Wer nicht besendern will, will auch nicht schützen. Wenn es möglich ist, Wölfe abzuschießen, dann muss es auch möglich sein, sie zu besendern", so Klubobmann Mair. Das flächendeckende Besendern sei der erste notwendige Schritt, der angegangen werden müsse. Der zweite sei, dass das im Vorjahr eingerichtete, unabhängige Wolffachkuratorium aktiv, von sich aus tätig werde – und seine Fachexpertise, ob Problemwolf ja oder nein, abgebe.

Das Thema Wolf sei bisher mit viel Emotion angegangen worden, aber "wenig konkreter Hilfe, die angekommen ist", räumte Mair ein. Das Motto müsse daher künftig lauten: "Zusammenkommen statt zusammenkrachen". Es gehe um den Schutz der Almwirtschaft einerseits und die Aufrechterhaltung der Biodiversität andererseits. "Niemand will in Tirol einen Problemwolf. Auch die Grünen nicht", meinte indes der grüne Klubvize Georg Kaltschmid.

Dornauer zu Mair: "Möchtegernchef"

Kritik und Häme für Mair kam von Tirols SPÖ-Chef Georg Dornauer. Der grüne "Möchtegernchef" blamiere sich mit seinem "unrealistischen Vorschlag", sämtliche durch Tirol ziehenden Wölfe zu besendern, sagte Dornauer und nannte Mairs Ideen abstrus. ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter solle handeln, denn "derartige politische Blödheiten" hätten sich Tirols Bauern nicht verdient. "Die Forderung der Grünen nach einer Besenderung von eingewanderten Wölfen ist an Realitätsferne und Konzeptlosigkeit nicht zu überbieten", stimmte auch FPÖ-Obmann Markus Abwerzger mit Dornauer überein. Die Grünen hätten "keine Ahnung von der Tierwelt und der Jagd".

Emotionales, strittiges Thema

In Tirol beherrscht das Thema Wolf wegen der vielen Schafsrisse regelmäßig die Schlagzeilen und lässt die Wogen hochgehen. Vor allem die Bauernschaft kritisierte beständig die mangelnde rechtliche Möglichkeit, die Tiere abzuschießen. Um eine leichtere Entnahme bzw. Abschüsse von Problemwölfen zu ermöglichen, hatte der Landtag im Juli 2021 eine Änderung des Tiroler Almschutz- und Jagdgesetzes beschlossen.

Konkret wurde das fünfköpfige Fachkuratorium "Wolf-Bär-Luchs" eingerichtet, das über den Umgang mit auffälligen Tieren entscheiden soll. Es sollte unabhängig und weisungsfrei arbeiten. Die vom Kuratorium ausgearbeitete Empfehlung dient als bindende Grundlage für rechtliche Maßnahmen seitens der Landesregierung durch Verordnung und Bescheid.

Die Koalitionäre sind sich in Sachen Umgang mit dem Wolf nicht immer grün. Zuletzt verschärfte die Volkspartei den Ton. Geisler übte im Rahmen seiner Wiederwahl zum Bauernbundobmann scharfe Kritik an der EU. "Wir sind ein dichtbesiedeltes Land und brauchen den Wolf nicht. Ich bin ein glühender Europäer, aber bei der Wolfsproblematik haben wir es mit einem Totalversagen der EU zu tun", meinte er. Es müsse "rasch gelingen, Problemwölfe in Europa zu erschießen".

Kaltschmid wartete am Donnerstag übrigens auch abseits des Wolfs mit einer Forderung auf: der verpflichtenden Herkunftsbezeichnung für alle Produkte – auch in der Gastronomie und Hotellerie. Einen Bremser sah er hier im ÖVP-Wirtschaftsbund. Und da den Grünen immer vorgeworfen werde, wenig von Almwirtschaft zu verstehen, machte man den ungewöhnlichen Vorschlag, die Proponenten der Partei doch einmal tatkräftig mithelfen zu lassen. (APA, 7.4.2022)