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Der Chef des neuen jemenitischen Präsidentschaftsrats, Rashad al-Alimi, am Donnerstag beim saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.

Foto: Algaloud/Courtesy of Saudi Royal Court/Handout via REUTERS

Die zu Ramadan-Beginn verkündete Waffenruhe im Jemen wurde auf zwei Monate, also über den Fastenmonat hinausgehend, angelegt: ein Indiz für den Start eines neuen diplomatischen Versuchs, den jahrelangen Krieg im ärmsten Land der arabischen Welt zu beenden. Am Donnerstag übergab in Saudi-Arabien der Präsident der international anerkannten jemenitischen Regierung, Abd Rabbo Mansour Hadi, seine Macht an einen Präsidentschaftsrat. Damit ist eine der Hürden für Verhandlungen mit den Huthi-Rebellen beseitigt, die seit 2014 die Hauptstadt Sanaa kontrollieren.

Das neue achtköpfige Gremium soll, so Hadi, eine Übergangsphase einleiten. Der Chef des Präsidentschaftsrats ist ein Militär, Rashad al-Alimi, der unter dem 2012 abgetretenen Langzeitherrscher Ali Abdullah Saleh Vizeminister für Sicherheit war. Die Zusammensetzung des Rats verkörpert einen Kompromiss zwischen Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten: Die VAE sind zwar der wichtigste Partner der saudisch-geführten militärischen Koalition im Jemen, aber Riads und Abu Dhabis Ansichten zur politischen Zukunft differierten in wichtigen Punkten. Die Emirate warfen Hadi vor, dass er sich – auch mangels einer eigenen Hausmacht – stark auf die jemenitische Muslimbrüderpartei Islah stützte. Saudi-Arabien wiederum sah die Einheit des Jemen untergraben, weil die VAE separatistische Kräfte im Süden sponserten.

Gemischter Rat

Der neue Präsidentschaftsrat vereint diese disparaten Kräfte und stärkt damit eine inklusive Position vis-à-vis den Huthis. Die Islah und die frühere Regimepartei GPC (Allgemeiner Volkskongress) sind vertreten, aber auch der Südliche Übergangsrat (STC) mit seinem Chef Aidarous Al-Zubaidi. Dass Hadi ihn 2017 als Gouverneur von Aden feuerte, hatte zu Kämpfen zwischen südlichen Sezessionisten und Hadi-Kräften geführt: und das alles innerhalb des Kriegs mit den Huthis.

Der Rückzug des 76-jährigen Hadi, der auch gesundheitlich angeschlagen ist, war überfällig. Er galt als völlig von Saudi-Arabien abhängig und gesteuert. Hadi war im Februar 2012 plebiszitär, ohne Gegenkandidat, auf zwei Jahre zum Übergangspräsidenten gewählt worden: Das ergab sich, weil er zuvor Vize des Langzeitpräsidenten Ali Abdullah Saleh war, der nach Protesten im Rahmen des "Arabischen Frühlings" zurücktreten musste.

Unter Hadi lief im Jemen ein Dialogprozess, der dem Land eine föderalistische Verfassung hätte geben sollen. Dass Hadi versuchte, ohne nationalen Konsens eine neue Ordnung durchzudrücken, brachte den Huthis Zulauf von neuen Kräften. Ihr Einfluss war ursprünglich auf die nördliche Provinz Saada beschränkt, 2014 übernahmen sie jedoch Sanaa und rückten im März 2015 nach Aden vor, wohin sich die Regierung Hadi geflüchtet hatte.

Das führte zur saudisch-geführten militärischen Intervention auf der Seite Hadis: Denn die Huthis, die der schiitischen Gruppe der Zaiditen gehören, wurden in Riad stets als Instrument des Iran wahrgenommen, vergleichbar der schiitischen Hizbollah im Libanon.

Strategische Bedrohung

Dass die politisch und religiös radikalen Ansar Allah, wie die Huthi-Partei offiziell heißt, mit der Meerenge von Bab al-Mandab den Eingang zum Roten Meer und den Golf von Aden kontrollieren könnten, wurde als regionale strategische Bedrohung wahrgenommen. Deshalb unterstützte die US-Regierung von Barack Obama die Saudis. Die nahmen zwar Aden wieder ein und drängten die Huthis zurück, besiegt wurden sie jedoch nicht.

Seitdem hat die saudische Kriegsführung durch Blockaden und Bombardements von Zivilisten für internationale Kritik gesorgt. Die Huthis greifen mit Drohnen und Raketen Ziele in Saudi-Arabien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten an – wie etwa Ölanlagen in Jeddah vor dem Formel-1-Grand-Prix. Das heißt, auch für Riad und Abu Dhabi wird der Preis des seit Jahren festgefahrenen Kriegs höher.

Der Kriegseintritt des damals neuen saudischen Verteidigungsministers, des heutigen Kronprinzen Mohammed bin Salman, 2015 war eine Fehlkalkulation. Eine militärische Lösung gibt es in diesem Konflikt, der sich zuletzt in schweren Kämpfen im Zentraljemen äußerte, nicht: Die Huthis selbst sind zwar nicht mehr als ein Clan, aber die Zaiditen – die bis zur republikanischen Revolution von 1962 im Norden die herrschende Dynastie stellten – machen bis zu einem Drittel der jemenitischen Bevölkerung aus.

Der erste einer Reihe von Huthi-Aufständen im Norden begann 2004. Salehs damaliger Militärchef gegen die Huthis war Ali Mohsen al-Ahmar, den Hadi 2016 zu seinem Vizepräsidenten machte. Ali Mohsen musste am Donnerstag ebenfalls gehen. Auch das wird möglichen Verhandlungen dienlich sein. (ANALYSE: Gudrun Harrer, 8.4.2022)