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Nicht nur für Fish & Chips ist London ein perfekter Standort – auch wer ein Start-up gründet, ist dort bestens aufgehoben.

Foto: REUTERS/Yann Tessier

Zwar zeichnet sich allmählich die Zinswende ab, die Zeit der großen Start-up-Investments dürfte deswegen aber noch nicht abgelaufen sein. Beinahe täglich trudeln Meldungen über große Geldflüsse herein. So verkündete am Donnerstag etwa das Berliner Start-up Grover, das Elektronikgeräte zur Miete anbietet, in einer Finanzierungsrunde 330 Millionen Dollar (303 Millionen Euro) eingesammelt und dadurch eine Milliardenbewertung erreicht zu haben. Oder die britische Investmentfirma Jamjar, die rund 120 Millionen Euro in einen neuen Fonds steckt.

Jahr der Rekorde

Die Tendenz zeigt zwar in eine ähnliche Richtung, doch die Rekorde des Vorjahrs haben die Latte sehr hoch gelegt, wie der aktuelle Start-up Barometer des Unternehmensberaters EY zeigt. Demnach flossen im Vorjahr 88,1 Milliarden Euro in europäische Start-ups. Im Vergleich zum Jahr 2020 ist das ein Plus von satten 141 Prozent – und die größte Summe, die jemals innerhalb eines Jahres investiert wurde. Zum Vergleich: Von 2018 bis 2020 kam die Branche insgesamt auf 88,9 Milliarden Euro. Bekannterweise wurden auch in Österreich alle bisher gesehenen Rekorde gebrochen.

Bitpanda und Go Student

Das liegt vor allem an den Investmentrunden des Neo-Brokers Bitpanda und der digitalen Nachhilfeplattform Go Student. Die beiden lukrierten mehr als die Hälfte des investierten Geldes. Die Summe stieg von 212 Millionen Euro auf 1,24 Milliarden Euro – das entspricht fast einer Versechsfachung. Damit verbessert sich Österreich im europäischen Ranking von Rang 16 auf Rang elf.

"2021 war geprägt von einem enormen Anlagedruck aufseiten der Investorinnen und Investoren", sagt EY-Start-up-Experte Florian Haas. "Die Rahmenbedingungen der letzten Jahre führten zu einer nie dagewesenen Liquidität im Markt. Gerade Investorengruppen aus den USA und Asien haben ihre Aktivitäten in Europa deutlich verstärkt und häufiger und in größerem Ausmaß zugeschlagen." In Europa seien in jüngerer Vergangenheit weltweit die höchsten Renditen erzielt worden.

London bleibt an der Spitze

Das europäische Start-up-Mekka ist und bleibt einmal mehr London. In der britischen Hauptstadt wurden fast 1.600 Finanzierungsrunden abgeschlossen. Das sind fast genauso viele wie die nächstplatzierten Städten Berlin, Paris, Barcelona, Zürich und Stockholm zusammen.

Damit Österreich den Sprung in die Top Ten schafft, fordert Haas klare Standortentscheidungen. "Notwendige Weichenstellungen wie eine attraktivere Gesellschaftsform, eine echte Mitarbeiterbeteiligung oder eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte dürfen nicht in den Mühlen der Bürokratie versanden." Schweden zeige seit Jahren, wie kleinere Standorte mit der richtigen Strategie spitze sein können, meint Haas. (Andreas Danzer, 8.4.2022)