Die erfahrene Südafrikanerin Johanni van Oostrum sprang als Marschallin ein.

Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Wien – Den ersten Auftritt beim Rosenkavalier hatte am Donnerstag nicht der Rosenkavalier, sondern Bogdan Roščić, der die neuesten Konfusionen am Besetzungszettel verkündete. Anstelle des Ensemblemitglieds Christina Bock sollte Michèle Losier den Octavian geben; äußerst kurzfristig musste zudem Maria Bengtsson als Marschallin passen, die erfahrene Südafrikanerin Johanni van Oostrum sprang ein. Zu Beginn des zweiten Akts trat der Staatsoperndirektor erneut vor den Vorhang und annoncierte das Opernstudio-Mitglied Stephanie Maitland als Annina, anstelle von Ulrike Helzel. Oper in Zeiten von Corona.

Wie Posaune und Trompete

Trotz widriger Umstände ein guter Abend: Losier stürzte sich als Octavian mit virilem Mezzo in die Liebeshändel, Van Oostrums Marschallin war souverän, klar und kraftvoll. Der Zauber, die leise Wehmut und die Lebensklugheit, mit der Marlis Petersen im letzten Juni diese Partie zu imprägnieren verstand, wollten sich kaum einstellen. Wie damals bezaubernd: Louise Alder als Sophie; stimmstark Regine Hangler als Leitmetzerin; tadellos Adrian Eröds Faninal. Wie Posaune und Trompete die Herren Wolfgang Bankl (als Polizeikommissar) und Jörg Schneider (als Wirt). Philippe Jordan leitete die Vorstellung entspannt, wahlweise um Synchronizität oder Beseeltheit bemüht. Es ist enorm, was das Staatsopernorchester in diesem Großwerk zu leisten hat und auch leistete.

Rastloser Strizzi

In ähnlich konstanter Weise abstrudeln muss sich im Rosenkavalier lediglich der Lerchenauer Clanchef. Günther Groissböck lieferte eine darstellerische Tour de Force ab, war als Ochs ein dauergeiler Bock, ein rastloser Strizzi, ein Aufmerksamkeitsmagnet. Stimmlich stand er erst im dritten Akt voll im Saft, davor hatte ein Dauerpressing zu limitiertem Hörgenuss geführt. Jubel für alle – und ein Spezialapplaus von dieser Seite für die Betriebsdirektion, die auch in diesen Zeiten der Pandemie eigentlich Unmögliches möglich macht. (sten, 9.4.2022)