OStA Wien-Leiter Fuchs wurde von der Staatsanwaltschaft Innsbruck angeklagt und vom Justizministerium suspendiert – er wehrt sich gegen die Vorwürfe

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Einen angeklagten Leitenden Oberstaatsanwalt: Das gibt es auch in Österreich nicht alle Tage. Dementsprechend groß war die Aufregung, als vergangene Woche publik wurde, dass die Staatsanwaltschaft (StA) Innsbruck einen Strafantrag gegen Johann Fuchs, Chef der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, eingebracht hat. Fuchs werden zwei Vorwürfe gemacht: Erstens soll er das Amtsgeheimnis verletzt haben, zweitens falsch vor dem Ibiza-U-Ausschuss ausgesagt haben. Im Gespräch mit dem STANDARD nimmt Fuchs nun erstmals über seinen Anwalt Martin Riedl ausführlich dazu Stellung.

Die Geschichte hinter dem ersten Anklagepunkt beginnt mit einem Artikel in der "Presse". Dort schrieb eine Journalistin kritisch über die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), mit der ja auch Fuchs und sein früherer Vorgesetzter, Sektionschef Christian Pilnacek, harte Gefechte ausgetragen haben. Oberstaatsanwälte der WKStA sahen in dem Artikel die Delikte "Üble Nachrede" und "Beleidigung einer Behörde" erfüllt. Sie zeigten die Journalistin an. Die StA Wien, die ermitteln sollte, sah jedoch keinen Anfangsverdacht.

Ein Bericht darüber landete auf dem Tisch von Fuchs, der sich mit Legistik-Sektionschef Pilnacek dazu austauschte. Da der dienstlich mit der Sache nichts zu tun hatte, sieht die StA Innsbruck hier eine Verletzung des Amtsgeheimnisses. Pilnacek soll die Informationen an eine "Kurier"-Journalistin weitergegeben haben, bei einem Prozess dazu wurde er nicht rechtskräftig freigesprochen. Laut Anwalt Riedl habe OStA-Leiter Fuchs nur verhindern wollen, dass die WKStA mit ihrer Anzeige gegen eine Journalistin einen "desaströsen Außenauftritt" zeige, und sich dazu mit Pilnacek beraten.

Umstrittene Anzeige

Tatsächlich zeigten sich Organisationen wie der Presseclub Concordia oder die Rechtsanwaltskammer entsetzt, als das Vorgehen der WKStA publik wurde: Sie orteten einen Angriff auf die Medienfreiheit. Die WKStA entschuldigte sich später. Aber wollten Fuchs und Pilnacek nicht der Antikorruptionsbehörde schaden, mit der sie in einem öffentlichkeitswirksamen Streit lagen? Das verneint Riedl, so ticke sein Mandant Fuchs nicht.

Die Rechtsansicht des Verteidigers: Innerhalb einer Behörde dürfe man mit anderen kommunizieren, die ebenfalls der Amtsverschwiegenheit unterliegen. Daher sei ein Austausch mit Pilnacek kein Bruch des Amtsgeheimnisses gewesen. Ermittlungen zu etlichen anderen Verdachtsmomenten rund um die Weiterleitung von Informationen von Fuchs an Pilnacek seien deshalb am 29. März eingestellt worden.

Im Strafantrag wird immer wieder darauf Bezug genommen, dass Fuchs gegoogelt habe, wie man Smartphone-Inhalte löschen kann – und er habe dann auch tatsächlich viel gelöscht. Ob das nicht verdächtig ist? Nicht aus der Sicht seines Anwalts, der meint, dass sein Mandant nur dienstliches Interesse am Thema Löschung und Wiederherstellung von Daten gehabt habe – immerhin spiele das, Stichwort Chats, auch in vielen aktuellen Verfahren eine große Rolle.

Und was sagt Fuchs' Verteidiger zum Vorwurf der falschen Zeugenaussage vor dem U-Ausschuss? Die Fragen der Abgeordneten seien trotz Fuchs' Nachfragen unkonkret gewesen. Er habe mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand ausgesagt, sich nicht an die Weiterleitung von Teilen des Ibiza-Akts an Pilnacek erinnern zu können.

Infos für Pilnaceks Legistik

Dass da ein Gerichtsbeschluss rund um die Causa Tojner – also fernab des U-Ausschuss-Themas – eine Rolle spielen könnte, daran habe er nicht gedacht, und darauf habe er sich nicht vorbereitet. Wenn er Informationen weitergeleitet habe, dann solche, die eine Rückwirkung auf die Legistik haben könnten – also auf Pilnaceks damaligen Aufgabenbereich. Verhandlungstermin gibt es noch keinen, Fuchs ist vorläufig suspendiert worden. Ob er dagegen dienstrechtlich vorgehen will, dazu sagt er derzeit nichts. (Renate Graber, Fabian Schmid, 8.4.2022)