Deutschland verzeichnete im Jahr 2021 mit fast plus 15 Prozent den größten Anstieg der Schulden unter den Industriestaaten.

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Zur Abfederung der Corona-Krise haben die meisten Staaten mit Unterstützung nicht gekleckert, sondern geklotzt – und sich mit Milliardensummen gegen die Auswirkungen der Pandemie gestellt. Gleichzeitig versorgten die Notenbanken die Finanzmärkte mit billigem Kapital und sorgten durch Anleihenkaufprogramme für tiefe Zinsniveaus. Die Folge: Die Staatsverschuldung ist seit Beginn der Corona-Krise weltweit um mehr als ein Viertel emporgeschnellt auf den neuen Rekordwert von 65,4 Billionen US-Dollar zu Ende des Vorjahres. Das entspricht 80,7 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

Dennoch fielen gleichzeitig wegen der tiefen, teilweise sogar negativen Renditen von Staatsanleihen die Zinszahlungen auf1,01 Billionen US-Dollar, was einem Effektivzins von nur 1,6 Prozent entspricht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Vermögensverwalters Janus Henderson Investors. Allerdings werden die Staaten in den kommenden Jahren nicht mehr so billig davonkommen. Zwar wird der Aufwärtstrend der Schulden anhalten und heuer zu einem Anstieg um 9,5 Prozent führen. Wegen des weltweiten Trends zu höheren Zinsen, um die hohe Inflation zu bremsen, wird sich auch die Zinslast drastisch erhöhen, was eine Belastung für die Steuerzahler bedeutet.

Noch lange zu spüren

"Die Pandemie hatte enorme Auswirkungen auf die staatliche Kreditaufnahme – und die Nachwehen werden noch geraume Zeit zu spüren sein", sagt Fondsmanagerin Bethany Payne, der bei Janus Henderson für die globalen Anleihenmärkte zuständig ist. "Auch die sich in der Ukraine abspielende Tragödie dürfte die westlichen Regierungen unter Druck setzen, mehr Kredite aufzunehmen, um höhere Verteidigungsausgaben zu finanzieren."

Gleichzeitig heizt die militärische Auseinandersetzung in der Ukraine auch die Inflation an – zu deren Profiteuren eindeutig die Staaten zählen. Denn durch die hohe Teuerung werden ihre Schuldenstände entwertet, allerdings auch die Vermögen der Bevölkerung, zudem sprudeln die Staatseinnahmen. Die Inflation sorgt für höhere Erträge bei der Umsatzsteuer, zudem sollte auch die Besteuerung der Einkommen wegen zu erwartender hoher Lohnzuwächse mehr einspielen. Dies sollte den erwarteten Anstieg der heuer zu leistenden Zinszahlungen um 14,5 Prozent abfedern.

Höhere Zinslast

Am stärksten werden höhere Zinszahlungen Großbritannien betreffen, da die Bank of England mit der Zinswende weit vorangeschritten ist. Auch die US-Notenbank Fed hat im März erstmals seit der Pandemie die Zinsen erhöht, allerdings zögert die EZB noch – frühestens im zweiten Halbjahr ist für die Eurozone mit höheren Zinsen zu rechnen. Zuvor läuft das Anleihenkaufprogramm aus, mit dem die Notenbank die mittel- und langfristigen Renditen der Staatsanleihen drückt. Dennoch, bis 2025 werden die globalen Zinszahlungen stark steigen – und zwar auf gut zwei Billionen Dollar, also etwa das Doppelte von 2021.

Was das für jene Investoren bedeutet, die selbst am Rentenmarkt investieren wollen? Anleihenexperte Payne rät generell zu Schuldverschreibungen mit kürzerer Laufzeit. Chancen sieht er in China, wo die Notenbank entgegen dem Trend die Geldpolitik lockere, und in der Schweiz. Dort bestehe weniger Inflationsdruck wegen des geringeren Einflusses von Energie. Die Studie von Janus Henderson erfasst die meisten Staaten, sodass 88 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung abgedeckt sind. Für Österreich liegen keine eigenen Daten vor. (Alexander Hahn, 10.4.2022)