Man muss sich das einmal vorstellen. Eine Politikerin sitzt in einem Gastgarten in der Wiener Innenstadt. Ein Mann sieht und erkennt sie, beschimpft sie und versucht, ihr ein Glas ins Gesicht zu schlagen. Glücklicherweise schlägt der Versuch fehl, die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer bleibt unverletzt. Alles noch einmal gut gegangen? Sicher nicht. Der Hass, der Frauen entgegenschlägt, die sich in der Öffentlichkeit politisch äußern und exponieren, hat eine Dimension, die für eine zivilisierte Gesellschaft nicht hinnehmbar ist. Ein Aufschrei aller ist notwendig. Wo ist er?
Ja, der Mann wurde festgenommen und angezeigt, ja, er gab sich reumütig. Und ja, auch andere, männliche, Spitzenpolitiker und ihre Familien wurden und werden bedroht. Maurer erhielt hunderte Solidaritätsadressen. In diversen Social-Media-Kommentaren war aber auch zu lesen, Maurer habe diesen Angriff wohl irgendwie "provoziert".
Diese Täter-Opfer-Umkehr geschieht spezifisch gegen Frauen. Und: Hier ging ein Mann auf eine Frau los, weil er meinte, er könne sie, weil sie für "falsche Corona-Politik" stehe, mit Gewalt bestrafen. Weil er, der Mann, sich über eine Frau erheben darf. Mit dieser Art von Hass sind nur Frauen konfrontiert. Sie sollen zum Schweigen gebracht, auf die Plätze verwiesen werden. Es reicht. Es sollte allen reichen, denen eine gleichberechtigte, demokratische Gesellschaft etwas wert ist. (Petra Stuiber, 8.4.2022)