Dosen über Dosen – ein ungewöhnlicher Anblick in einer Bäckerei. Gekauft wird hier aus Vorrat

Foto: Julia Beirer

Christian Deiser ist müde. Der 51-Jährige sitzt im Vorraum seiner Backstube in Baden nahe Wien und lässt sich die Nachmittagssonne ins Gesicht scheinen. Sein Tag hat bereits um zwei Uhr nachts mit dem Einschalten der Holzöfen begonnen.

Untypisch für seinen Berufsstand trägt er kein weißes, sondern ein dunkelblaues T-Shirt. "Ich wollte etwas anbieten, das sonst niemand herstellt", sagt der Bäcker. Christian Deiser hat seine Nische gefunden: Vor drei Jahren hat er den Betrieb auf Dosenbrot mit einer Haltbarkeit von zehn Jahren umgestellt.

Seither ist er der einzige Dosenbrotbäcker Österreichs. Seine Abnehmer sind allen voran das österreichische Bundesheer, der Onlineshop des Zivilschutzes, Survivalgeschäfte und Privatpersonen. Gekauft werden die Dosenbrote für Notfälle, wie etwa Blackouts, bei denen tagelanger Stromausfall droht.

Rund 100 Bestellungen pro Tag

Allein seit Kriegsausbruch in der Ukraine sind die Bestellungen für sein Ware – Roggenvollkorn-, Roggenmisch- sowie Vollkornmischbrot, Eiweißbrot und Schokokuchen – täglich mehr geworden.

An einem Sonntag vor vier Wochen sind über 1200 Bestellungen eingegangen. "Das war ein Wahnsinn", sagt Deiser. Mittlerweile habe man sich bei rund 100 Bestellungen pro Tag eingependelt.

Wer derzeit im Onlineshop einkaufen will, muss sich gedulden. Bis zu drei Wochen warten Kundinnen und Kunden akutell auf ihre Bestellung. Den Betrieb ausbauen will der Dosenbrotbäcker aber keinesfalls. "Ich will nicht mehr Mitarbeiter, keine zweite Schicht und keine Sechs-Tage-Woche", sagt er.

Von der Produktion über Etikettieren bis hin zur Auslieferung seien ohnehin bereits 24 Personen im Betrieb beschäftigt, die meisten davon in Teilzeit.

Preise steigen

Alles wird teurer, auch bei Christian Deiser ist das so. Aufgrund der enormen Preissteigerungen sowie Kontingentierungen müsse er die Preise laufend anpassen. "Auch heute Nacht mussten wir Preise adaptieren", sagt Deiser.

Das größte Problem stelle derzeit der massive Rohstoffmangel dar. Für das Roggenvollkorn- und Roggenmischbrot hat Deiser genügend Rohstoffe vorrätig. Bei den anderen beiden Brotsorten und dem Dosenschokokuchen könnten diese jedoch "irgendwann ausgehen".

Denn dafür sind unter anderem Sonnenblumenkerne und Speiseöl nötig. Aktuell hat er genügend Rohstoffe auf Lager, so wie sich die Situation derzeit entwickelt, könnte sich das in den nächsten Wochen aber ändern.

Während vorher zwischen 500 bis 600 Liter Speiseöl eingekauft werden konnten, erhalte man derzeit häufig nur 30 Liter. Auch die Zulieferfirmen erhöhen die Preise wöchentlich.

Ein Sattelschlepper voller Dosen

Ein Rundgang durch die Backstube zeigt ein paar Ölkanister neben der Sauerteigmaschine und einer Mischschale. Der Boden ist mit Mehlstaub bedeckt, und überall sind Dosen zu sehen. Sie sind teilweise bereits mit Brot gefüllt, viele sind aber noch leer. Erst heute sei ein Sattelschlepper voller Dosen geliefert worden. Die müssten erst weggeräumt werden.

Dass der gelernte Bäcker alles anders machen will, war schon klar, als er den Betrieb seiner Eltern in Wien-Währing mit 18 Jahren übernommen hat. Nach einigen Jahren der Zwischenmiete unter anderem in Wien-Mariahilf hat Deiser 2017 eine energieautarke Produktionsstätte in Baden gebaut.

Die Photovoltaikanlage auf dem Dach erzeuge zehnmal mehr Strom, als seine Backöfen benötigen, sagt Deiser. Ist das Wetter schlecht, schaltet das System auf die Hackschnitzelheizung um.

Selbst bei einem Blackout kann er also weiterhin Dosenbrot backen. Sollte das der Fall sein, hat Deiser selbst von jeder Brotsorte und vom Schokokuchen einen Karton daheim. Diese Vorsichtsmaßnahme hat seine Frau getroffen – er muss ohnehin jede Charge verkosten, bevor sie verladen wird. Daher kauft der Bäcker das Brot für den Privatgenuss gerne bei der Konkurrenz. (Julia Beirer, 9.04.2022)