Heute sind Radfahren und Reiten im Wald verboten – bis 1975 jedoch durfte überhaupt niemand Österreichs Wälder betreten.

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Das Reichsforstgesetz in der Version vom 3. Dezember 1852, das ein allgemeines Betretungsverbot des Waldes umfasst hat, war stolze 123 Jahre lang gültig. Erst ab Jänner 1976 trat an seiner Stelle das bis heute gültige Forstgesetz in Kraft. Treibende politische Partei dahinter war die SPÖ, die damals mit absoluter Mehrheit regierte. Am 3. Juli 1975 fand im Plenum in Wien die Debatte über den Entwurf des neuen Forstgesetzes statt. Liest man das Protokoll dieser Sitzung, wird deutlich, dass das Recht, den Wald zu betreten, in Österreich eines ist, das die breite Bevölkerung den Besitzenden erst abringen musste.

Die damals vorgebrachten Argumente gegen dieses allgemeine Betretungsrecht des Waldes, erinnern an jene, die heute gegen die Wegefreiheit für Mountainbiker vorgebracht werden. Man befürchtete nicht wiedergutzumachende Schäden, Belastungen und Risiken für Waldbesitzer und vor allem eine steigende Waldbrandgefahr. Selbst das stets bemühte Argument der Haftungsfrage, das gern gegen eine solche Freigabe für Mountainbiker herangezogen wird, war schon 1975 Thema.

Die einfache Lösung der Haftungsfrage

Noch spannender ist, wie schnell das vermeintliche Problem seinerzeit aus der Welt war. Denn in der Nationalratssitzung wurden nicht nur die Wälder für die Allgemeinheit geöffnet. Man hat den Tagesordnungspunkt "Forstgesetz" ganz einfach um die "Ergänzung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches durch die Regelung der Haftung für den Zustand eines Weges" erweitert. So einfach ging das damals. Und schon durften Herr und Frau Österreicher die Wälder zu Erholungszwecken betreten.

Im Folgenden sollen wörtliche Zitate aus dem stenografischen Protokoll der Sitzung vom 3. Juli 1975 verdeutlichen, dass die Entscheidung, einzelne Gruppen wie etwa Mountainbiker von der Erholungssuche im Wald auszuschließen, nichts anderes ist als politische Willkür auf Basis des Wunsches einiger weniger, die besitzen.

Die Debatte im Wortlaut

Die Debatte wurde vom Kärntner SPÖ-Abgeordneten Herbert Pansi (verst. 1988) eröffnet, der auch dem Unterausschuss angehört hat, der in 17 Sitzungen den neuen Gesetzesentwurf unter Zuziehung von Sachverständigen erarbeitet hatte:

Herr Präsident! Hohes Haus! Die Regierungspartei und, wie ich glaube, auch die beiden Oppositionsparteien haben allen Grund, sich zu freuen, dass zu Ende der Legislaturperiode nochmals ein Jahrhundertgesetz beschlossen werden kann.

Wie wir schon vom Berichterstatter gehört haben, ist das derzeit noch geltende Reichsforstgesetz mit 1. Jänner 1853 in Kraft getreten und wird durch das heute zu beschließende Gesetz mit 31. Dezember dieses Jahres außer Kraft gesetzt. Es hat also dieses Gesetz genau 123 Jahre lang gegolten und hat zweifellos dazu beigetragen, dass sich der österreichische Wald in einem so guten Zustand befindet. Es ist aber auch selbstverständlich, dass ein Gesetz, das so lange Zeit in Kraft ist, den Anforderungen nicht mehr entspricht.

Es musste daher darangegangen werden, dieses alte Gesetz durch ein neues zu ersetzen. Anscheinend waren in der Vergangenheit die internen Widerstände innerhalb der ÖVP doch zu groß, dass es zu keiner Lösung gekommen ist. Welche sind nun die Ziele der gegenwärtigen Forstpolitik, die im zur Beratung stehenden Gesetz ihren Niederschlag finden? Die Ziele sind darauf gerichtet, dass der Wald sich in einem Zustand befindet, in dem er seine Nutzwirkung, seine Schutzwirkung, seine Wohlfahrtswirkung und seine Erholungswirkung voll und ganz im Interesse der Waldbesitzer, aber selbstverständlich auch im Interesse der gesamten Bevölkerung erfüllen kann.

Besonders eindrucksvoll ist folgende Passage von Pansis Rede, in der er auf das Verhältnis zwischen Besitzenden und breiter Bevölkerung eingeht. Pansi argumentiert mit heute in der Politik kaum noch vorstellbarer Deutlichkeit für ein Nutzungsrecht aller und erklärt, warum Besitz allein nicht berechtigt, andere auszusperren.

Darf ich mich nun den wesentlichsten Punktendes neuen Forstrechtes zuwenden. Ich kann mich natürlich nur auf die allerwichtigsten beschränken. Wegen der großen Breitenwirkung scheint mir die wesentlichste Änderung die Öffnung des Waldes zu sein. Das heißt, dass mit Inkrafttreten des neuen Forstgesetzes jedermann berechtigt ist, zu Erholungszwecken den Wald zu betreten. Ich glaube, eine solche Regelung, die lange Zeit hindurch umstritten war, ist ein Gebot der Zeit. Wenn wir von der großen Erholungswirkung des Waldes sprechen, dann wäre es völlig unlogisch, dass wir den Wald zusperren und niemand hineinlassen. Vor allem bei uns wäre das nicht vertretbar, da wir doch ein Fremdenverkehrsland sind und die Fremden ja vor allem wegen unserer Landschaft zu uns kommen. Sie würden es nicht verstehen, wenn sie dann den Wald nicht betreten dürften. Im Begutachtungsentwurf haben sich noch jene Kreise durchgesetzt, die der Meinung waren, das Verbot des Betretens des Waldes soll auch weiterhin aufrecht bleiben. Aber alle jene, die dann die Reaktion verfolgt haben, wissen, dass ein Sturm losgebrochen ist, weil niemand verstanden hat, dass die Sperre des Waldes aufrecht bleiben soll. So war es dann geradezu eine Selbstverständlichkeit, dass in der Regierungsvorlage diese Bestimmung nicht mehr enthalten war und der Wald für die Erholungsuchenden geöffnet wird. Wir glauben, dass dann, wenn die breite Masse das Bedürfnis hat und ein echtes Bedürfnis auch wirklich gegeben ist, das Eigentum bestimmte Beschränkungen auf sich nehmen muss. Wir hätten ja einen komischen Zustand, wenn jeder, der Eigentum besitzt, das Eigentum restlos nur für sich in Anspruch nehmen könnte und alle anderen ausschließt, weil ja nur ein kleiner Teil der österreichischen Bevölkerung in der Lage ist, Eigentum an Grund und Boden zu besitzen.

Im Folgenden ging Pansi auf das damals mitbeschlossene Verbot des Befahrens des Waldes mit Kraftfahrzeugen ein. Von Fahrrädern, auf das diese Bestimmung heute umgemünzt wird, war niemals die Rede:

Wir waren aber auch einvernehmlich der Auffassung, dass der Wald oder das Betreten des Waldes wirklich in erster Linie der Erholung dienen soll. Daher ist es auch grundsätzlich verboten, dass der Wald befahren wird. Denn die Erholungsuchenden würden es nicht verstehen, wenn Mopeds, Motorräder und Autos auf den Waldstraßen fahren und die Spaziergänger aufpassen müssten, das sie von den Kraftfahrzeugen unter Umständen nicht auch noch verletzt werden.

Und auch die Haftungsfrage wurde damals gelöst. Eigenverantwortung lautete das Zauberwort.

Im Zusammenhang mit der Waldöffnung war es aber auch notwendig, einige andere Fragen einer Lösung zuzuführen. So war es zum Beispiel den Waldbesitzern nicht zumutbar, dass sie grundsätzlich für den Zustand des Waldes haften und für gesundheitliche Schäden aufkommen müssen, die sich ein Waldbesucher durch das Betreten des Waldes zuzieht. Das wäre völlig unmöglich, die Waldbesitzer so zu belasten. Daher ist es dazu gekommen, dass durch eine Änderung des ABGB, welche zu dem gleichen Zeitpunkt in Kraft treten wird, zu dem das Forstgesetz in Kraft tritt, mehr oder weniger der Waldbesucher für sich selber haftet, es sei denn, dass Schäden auf Wegen auftreten, die für den öffentlichen Verkehr freigegeben sind.

Auch Zugeständnisse wurden gemacht, weil offenbar befürchtet wurde, die Öffnung erhöhe die Waldbrandgefahr. Daher erhalten die Waldbesitzer seitdem öffentliche Zuschüsse für ihre Waldbrandversicherungen:

Schließlich ist es noch zu einer weiteren Lösung im Interesse der Waldbesitzer gekommen, die auch nicht unterschätzt werden soll. Es kann damit gerechnet werden – es muss nicht unbedingt sein –, dass es in Zukunft durch den stärkeren Besuch des Waldes öfter zu Waldbränden kommt, besonders während Zeiten der Trockenheit und durch die Unachtsamkeit der Waldbesucher. Es ist daher zur Lösung gekommen, dass den Waldbesitzern für eine Waldbrandversicherung aus öffentlichen Mitteln Zuschüsse zu den Prämien gezahlt werden. Wir glauben, dass diese Lösung zweckmäßig ist und dass sie auch verantwortet werden kann.

Die Öffnung des Waldes wurde mit einem Katalog von Strafbestimmungen begleitet, der dazu dienen sollte, falsches oder gefährliches Verhalten zu sanktionieren. Genau das wäre auch als Begleitmaßnahme bei einer Öffnung der Wege für Mountainbiker möglich. Damals herrschte dazu sogar Einigkeit unter allen Parteien:

Wenn wir nun den Wald öffnen und den Erholungssuchenden zugänglich machen, dann, glaube ich, handeln wir im Interesse dieser Erholungssuchenden. Sie sollen dann einen sauberen Wald vorfinden und nicht einen Wald, der voll Misthaufen und voll Unrat ist. Ich glaube, wir sollten gerade in dieser Hinsicht gemeinsam versuchen, Aufklärung zu treiben, die Waldgesinnung der Waldbesucher entsprechend zu heben, damit dann tatsächlich alle Waldbesucher mithelfen, dass der Wald, dass unser Wald ein reiner bleibt und den Erholungsuchenden wirklich viel Freude und Erholung bereitet.

Zum Abschluss ging Pansi noch auf den Widerstand in der ÖVP sowie unter den Waldbesitzern im Zuge des Entstehungsprozesses des neuen Forstgesetzes ein. Die Kritik im Vorfeld sei so stark wie bei kaum einem anderen Gesetzesvorhaben gewesen. Und bis zuletzt fand der Entwurf nicht die volle Zustimmung der Interessenverbände der Waldbesitzer. Zusammenfassend hielt Pansi fest:

Durch die Öffnung des Waldes wird aber auch die Bewegungsfreiheit unserer Staatsbürger wesentlich erweitert, denn der Mensch kann sich nun im Wald frei bewegen, und es werden zweifellos nunmehr die Waldbesucher im Wald jene Erholung finden, die sie von ihm erwarten.

Als Nächster trat der ebenfalls aus Kärnten stammende ÖVP-Abgeordnete Roland Minkowitsch (verst. 1986) ans Rednerpult. Er startete mit einer ausführlichen Aufzählung der forstwirtschaftlichen Bedeutung des Waldes und ging dann zu einer ebenso akribischen Erzählung zu den Debatten und Konflikten, die dem Gesetzesentwurf vorangegangen waren über. Schließlich kam Minkowitsch zum Thema Öffnung des Waldes und erklärte, wie es dazu kam, dass die ÖVP letztlich zugestimmt hat. Offenbar sah man darin eine drohende Enteignung.

Obwohl es schon gewohnheitsrechtlich bisher zu einer weitgehenden Öffnung des Waldes gekommen war, bitte ich doch zu bedenken, dass es jetzt offiziell gesetzlich hier anders normiert worden ist. Nur unter diesem Aspekt haben wir dann auch gewisse Haftungsbestimmungen einem Neuüberdenken unterzogen, und nur unter diesem Aspekt bin ich besonders glücklich darüber, dass es im letzten Augenblick gelungen ist, diese Waldöffnung nicht als eine Teilenteignung zu statuieren, sondern wenigstens noch als einen Tausch dadurch, dass sich der Bund mit 50 Prozent an der Waldbrandversicherung beteiligt, wenn das auch ein Geschäft von 1 : 100 oder so irgendwie ist. Die ganze Geschichte ist mit ganz geringem Aufwand in eine andere Dimension geschoben worden. Man kann sagen: Es ist wenigstens der gute Wille gezeigt worden, ein kleines Äquivalent anzubieten.

Als Nächstes meldete sich der steirische FPÖ-Abgeordnete Othmar Meißl (verst. 2008) zu Wort. Er erklärte, warum seine Partei dem Gesetzesentwurf zustimmen wolle, obwohl es sich bei der Öffnung um einen Eingriff ins Eigentumsrecht handle:

Es war dann doch so – das darf ich auch feststellen –, dass im Grunde genommen alle Fraktionen zu diesem Zentralthema am Anfang die Erklärung abgegeben haben – und auch ich für meine Fraktion –, dass wir der grundsätzlichen Öffnung des Waldes positiv gegenüberstehen, dass nur die Belastungen – und es gibt ein ganzes Bündel von Fragen, die damit dann im Zusammenhange standen; die Haftungsfragen, Waldbrandgefahr und so weiter – in einem entsprechenden Maß auch für den Besitzer des Waldes geregelt werden müssen. Es ist schon so, dass natürlich mit diesem Gesetz nunmehr gesetzlich – bisher war es ja Gebrauchsrecht, möchte ich sagen – ein Eingriff in ein Eigentum erfolgt. Das soll man nicht verschweigen. Aber im allgemeinen und im öffentlichen Interesse waren wir durchaus bereit, dieser Regelung zuzustimmen, wenn eben entsprechende Absicherungen kommen.

Meißl betonte in seinem Redebeitrag das beschlossene Fahrverbot:

Es wurde bereits [...] darauf hingewiesen, dass das Betreten des Waldes selbstverständlich möglich ist. Damit ist aber nicht gesagt, dass nunmehr die Geschwader der Fahrzeuge auf allen Forstaufschließungswegen aufscheinen werden. Es ist ganz klar gesagt: Die freie Begehbarkeit gilt nur ad personam und nicht für Fahrzeuge. Diese Regelung ist im einzelnen festgehalten. Es wird daher nicht möglich sein, dass man mit den Fahrzeugen in die Wälder hineinfahren kann, sondern es bleibt bei den bisherigen Bestimmungen.

Nun kam der amtierende Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft der SPÖ, Oskar Weihs (verst. 1978) an die Reihe. Er betonte, dass ein modernes Forstgesetz nicht allein die Nutzwirkung des Waldes im Fokus haben dürfte, sondern vor allem auch die Wohlfahrts- und Erholungswirkung. Und er betonte die Ausnahmen, die weiterhin gelten werden.

Die Erholungswirkung des Waldes soll nach diesem Gesetz jedermann genießen können. Nach dem neuen Forstgesetz kann niemandem mehr verboten werden, den Wald zu betreten und sich darin aufzuhalten. Allerdings war es natürlicherweise auch notwendig, Ausnahmen von dieser allgemeinen Waldöffnung zu machen. So ist beispielsweise das Zelten und Reiten nur mit Zustimmung des Waldeigentümers gestattet. Auch Forststraßen sollen vordringlich der Waldbewirtschaftung dienen; nur für Rettungseinsatz und Schutzhüttenversorgung ist vom Gesetz aus die Befahrung gestattet. Dort, wo Menschen durch das Betreten des Waldes allerdings gefährdet werden, wird es auch in Zukunft gesperrte Wälder geben. Auch – gestatten Sie mir den Ausdruck – die Kinderstube des Waldes, die Forstkulturen, dürfen nicht betreten werden.

Der Minister zeigte sich mit dem neuen Gesetz zufrieden und tat Widerstände der Waldbesitzer mit einem Sprichwort ab:

Und lassen Sie mich mit einem Sprichwort enden: Allen recht getan ist eine Kunst, die niemand kann. Ich glaube aber, dass alle Beteiligten an diesem Forstgesetz nach dem heute zu erfolgenden Beschluss froh und wohlgemut sein können, und ich glaube, dass die österreichische Bevölkerung mit ihren Parlamentariern vielleicht einmal zufrieden sein wird. (Beifall bei der SPÖ und FPÖ.)

Nun trat Wilhelm Gorton (verst. 2016), ÖVP-Abgeordneter aus Kärnten, ans Rednerpult und äußerte sehr deutliche Kritik am neuen Gesetz und vor allem der Öffnung des Waldes für die Allgemeinheit.

Wie gut dieses Gesetz aber wirklich sein wird, werden auch wahrscheinlich erst die Generationen nach uns beurteilen können. Aber eines kann ich heute schon für meine Fraktion mit Sicherheit sagen, meine Damen und Herren: Die Regierungsvorlage, die uns die uns vor einem Jahr, nämlich am 9. Juli 1974, hier ins Haus gestanden ist, wäre sicher kein gutes Forstgesetz geworden, denn in den 181 Paragraphen dieser Regierungsvorlage – und darin hat sie sich auch gegenüber dem Ministerialentwurf vom Dezember 1971 in vielen Bestimmungen wesentlich unterschieden – war sicher ein wesentlich größeres Maß an unserer Auffassung nach schlechter sozialistischer Gesellschaftspolitik enthalten.

Die Freude und das Interesse des Waldbesitzers an der Verbesserung seiner Kulturen – ich möchte sagen, die positive Waldgesinnung, eines der wesentlichsten Kriterien unserer guten und für viele Nachbarstaaten mustergültigen Forstwirtschaft, hätte durch neue Belastungen und sicher auch unvertretbare und unnotwendige Eingriffe in das Eigentumsrecht zum Schaden des Waldes zweifellos stark gelitten. Darüber soll auch die Euphorie der heutigen Einigung nicht hinwegtäuschen. Ich fühle mich auch verpflichtet zu sagen – weil doch die Äußerung des Herrn Abgeordneten Pansi, wenn man das so in den Raum stellt, besagt hat: Wenn das Bedürfnis der breiten Masse gegeben ist, dann ist das Eigentum einzuschränken; ich sehe darin eine Herausforderung. Sicher werden in allen solchen Sachen Prüfungen anzustellen sein.

Die gesetzliche Öffnung der Wälder, zu der wir uns gerne bekennen, bringt sicher zusätzliche Kosten und Risken. Hier hat der selbstverständliche Grundsatz zu gelten – wo solche Kosten und Risken messbar und erfassbar sind –, dass dafür eben doch auch die öffentliche Hand mit geradezustehen hat.

Nun wurde die Debatte hitziger. Als Nächster trat Gregor Stögner (verst. 1983), SPÖ-Abgeordneter aus Oberösterreich ans Pult, um seinem Vorredner Paroli zu bieten:

Aber wenn man jetzt den Abgeordneten Gorton gehört hat, so muss man zu der Feststellung kommen, dass er es noch immer nicht verwunden hat, dass dieses Forstgesetz noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden kann. Denn anders ist es nicht möglich, dass er behauptet, wir als Sozialistische Partei hätten es darauf abgesehen gehabt, den privaten Waldbesitz auf kaltem Wege zu enteignen. Anders ist ja seine Feststellung, dass wir mit diesem Forstgesetz schlechte sozialistische Gesellschaftspolitik betreiben wollten und er als Abgeordneter es verhindert hat, nicht zu verstehen. Dieser Geist, der hier wieder zutage gekommen ist, war ja auch die Ursache, warum es ursprünglich sehr schwierig war, dieses umfangreiche Gesetz in entsprechende Beratungen zu nehmen.

Es kann also gar keine Rede davon sein, dass die Sozialisten versucht hätten, mit diesem Forstgesetz eine kalte Enteignung durchzuführen. Wir wollten nichts anderes, als den Wald für jedermann frei begehbar zu machen, weil eben die Erholungsbedürftigkeit der Bewohner der Ballungsgebiete das notwendig macht.

Und schon 1975 nahm man es offenbar im Westen Österreichs weniger streng mit dem Betretungsverbot. Ganz ähnlich wie heute mit dem Mountainbike-Verbot, das in Tirol durch das Mountainbike-Modell 2.0 zumindest ein wenig entschärft wurde. ÖVP-Abgeordneter Hubert Huber (verst. 2012) erklärte, wie es sich vor über 40 Jahren damit verhielt:

Zur Öffnung des Waldes sage ich ein grundsätzliches – und ich glaube, wir alle werden dies tun – Ja! Als Tiroler möchte ich hiereindeutig feststellen, dass es in Tirol dieses Recht schon lange gegeben hat. In Tirol und Vorarlberg ist es Gewohnheitsrecht.

ÖVP-Parteikollege Jakob Brandstätter (verst. 1987) aus Niederösterreich erklärte noch, welche Gefahren mit der Öffnung verbunden seien und warum er sich bessere Absicherung wünsche:

Zu den Gefahren, die mit der Öffnung des Waldes verbunden sind, vor allem Waldbrandgefahren. Ich persönlich bin mit dieser Lösung der Waldbrandversicherung nicht sehr glücklich. Es wurde mir gesagt, man ist nicht auf der Welt, nur um glücklich zu sein. Das ist leider so. Ich stehe aber auf dem Standpunkt, dass es gerade oft die kleinen Bauern sein werden, die sich nicht versichern lassen, weil eine Versicherung – das weiß jeder, der versichert ist – doch auch eine sehr große Belastung bedeuten kann. Darum hätte ich es lieber gesehen, wenn es zu Schadenersätzen gekommen wäre, weil das, wie ich glaube, richtiger gewesen wäre.

Damit war die Debatte beendet, der Nationalrat schritt zur Abstimmung, und der Gesetzesentwurf mit der Öffnung des Waldes für jedermann und jederfrau inklusive Klärung der Haftungsfrage wurde einstimmig angenommen. (Steffen Arora, 10.4.2022)