Durch die Reform soll der Personalstand im Ministerium von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) schrumpfen. Thomas Starlinger übt heftige Kritik.

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Wien – Nach einer längeren Verzögerung hat die Regierung die neue Bundesheer-Reform beschlossen. Der Beschluss erfolgte am 8. April auf dem "Zirkulationsweg", wie es im Protokoll auf der Homepage des Bundeskanzleramtes heißt. Kern der Reform ist eine Verschlankung der Führungsstruktur und die Trennung von Verwaltung und militärischer Führung. Aus bisher fünf Sektionen in der Zentralstelle werden künftig drei Direktionen. Der Personalstand im Ministerium schrumpft dabei.

Der Generalstabschef bekommt eine Doppelfunktion: Er ist als Person Teil des Ministeriums und gleichzeitig Generaldirektor für Landesverteidigung. Das Ministerium, das bisher fünf Sektionen hatte, besteht künftig aus dem Kabinett inklusive Generalsekretär, darunter folgen zwei zivile Generaldirektionen: eine für Personalführung und Budget zuständige Präsidialdirektion und eine für Recht, Diplomatie und Kommunikation zuständige Direktion für Verteidigungspolitik. Darüber hinaus wird eine Direktion Revision und Disziplinar- und Beschwerdewesen gebildet. Die Umstellung auf Direktionen wird von den Zuständigen im Ressort als Anpassung an internationale Standards bezeichnet.

Struktur der Streitkräfte im Wesentlichen unverändert

Die vom Generalstabschef geführte Generaldirektion für Landesverteidigung ist Teil des Ministeriums und des Bundesheeres zugleich. Ihr werden in Form von acht weiteren Direktionen alle Fachbereiche der Truppe unterstellt, zudem ist ihr die Direktion Fähigkeiten- und Grundsatzplanung zugeordnet. Aus dem Kommando Streitkräfte wird die Direktion Einsatz, die Luftkomponenten werden in der Direktion Luftstreitkräfte zusammengeführt, in der Direktion Ausbildung werden alle Ausbildungskomponenten gebündelt, das Kommando Streitkräftebasis wird zur Logistik-Direktion, es folgen noch die Direktion Beschaffung, IKT und Cyber, Infrastruktur und militärisches Gesundheitswesen. Alle Führungspositionen werden dabei neu ausgeschrieben.

Die Struktur der Streitkräfte auf der Ebene Militärkommanden, Brigaden und Heereslogistik bleibt grundsätzlich unverändert. Alle bisher dem Kommando Streitkräfte beziehungsweis. Kommando Streitkräftebasis zugeordneten Organisationselemente, aber auch die Akademien, das Amt für Rüstung und Beschaffung, das Amt für Rüstung und Wehrtechnik sowie das Militärische Immobilienmanagement werden der Generaldirektion für Landesverteidigung zugeordnet. Dem Chef des Generalstabes unmittelbar zugeordnet bleiben das Heeresnachrichtenamt und das Abwehramt. Die neue Geschäftseinteilung wurde bereits mit 1. Juli 2021 eingenommen und tritt wohl mit 1. Mai in Kraft.

Kritik von Ex-Verteidigungsminister Starlinger

Der frühere Verteidigungsminister und Adjutant von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Thomas Starlinger, übte zuletzt harsche Kritik an der Reform. Er stieß sich daran, dass bei der neuen Struktur die strategischen, operativen und taktischen Ebenen verschmolzen werden. Für eine solche militärische Struktur gebe es international keine Vorbilder. Durch die vielen verschiedenen Direktorate, die den drei Generaldirektionen unterstehen, "verkomplizieren" sich außerdem die Arbeitsbeziehungen, sagte Starlinger. Das sei ihm schon von anderen Kommandanten und "einigen Direktoren" bestätigt worden. Dass die Direktorate auf drei Standorte aufgeteilt werden, nämlich Wien, Graz und Salzburg, gefährde "eine praktikable Einsatzführung im höchsten Ausmaß", kritisierte Starlinger.

FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch fordert eine rasche Evaluierung der Bundesheer-Zentralstellenreform und zeigte sich sehr kritisch, was diese betrifft. "Eine Zentralstellenreform, die eine Fusionierung der militärischen strategischen Ebene mit der Führungsebene hin zu Direktionen zum Ziel hat, zerstört die künftige Einsatzführungsfähigkeit des österreichischen Bundesheers", sagte Bösch. "Es drängt sich nun der Verdacht auf, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung deshalb an das Bundesministerium für Inneres angeglichen werden soll, um endlich die alte ÖVP-Idee eines einzigen Sicherheitsministeriums verwirklichen zu können." Die Welt ist seit dem 24. Februar eine andere geworden. "Was das Bundesheer jetzt braucht, sind Kommandanten und keine Direktoren", betonte Bösch.(APA, 10.4.2022)