Die Schweiz

Irgendetwas muss die Schweiz richtig machen: Die Eidgenossen haben seit 2002 nur ein Großereignis verpasst und kamen seit 2014 immer in die K.-o.-Runden. Doch nachdem Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri 2018 beim WM-Sieg gegen Serbien mit ihren Händen den albanischen Doppeladler formten und so für einen Eklat sorgten, kam es zum Verbandskrach samt Neustrukturierung. "Es gab eine Krise – weniger wegen der Resultate, eher wegen des Drumherums. Dann wurde eine Analyse gemacht und alles durchleuchtet", sagt Peter B. Birrer von der "Neuen Zürcher Zeitung".

Die Analyse leitete der langjährige Basel-Präsident Bernhard Heusler, der in der Schweiz "sehr breite Akzeptanz" genieße. "Die Quintessenz war: Die Auswahl braucht einen vollamtlichen Manager." Dieser mit einem Sportdirektor vergleichbare Posten war zuvor ein Teilzeitjob. "Es gab eine famose Liste, wer alles Manager werden könnte", sagt Birrer. Nach einigen Absagen wurde Pierluigi Tami zum neuen starken Mann im Schweizer Fußball, zuvor war er Trainer beim FC Lugano, den Grasshoppers Zürich sowie Nachwuchs-Nationalteams gewesen – Parallelen zu Peter Schöttel sind erkennbar.

Tami war es auch, der nach Vladimir Petkovićs Abgang in einer vierköpfigen Findungsgruppe einen neuen Trainer suchen durfte. Früher hatte dieses Vorschlagsrecht allein der Abteilung Profifußball gehört. Ähnlich wie in Österreich musste das "Zentralkomitee" des SFV den Vorschlag absegnen, in diesem Gremium sitzen Vertreter des Profi- und Amateurfußballs. Die Amateurvertreter würden sich bei der Teamchefbestellung aber nicht sonderlich einmischen, sagt Birrer. "In der Profiliga muss es eine Akzeptanz für den Nationaltrainer geben. Der Präsident der Profiliga gehörte der Findungsgruppe an." Tami schlug Murat Yakin vor, der wurde Teamchef – und führte die Nati prompt zum Quali-Gruppensieg vor Italien.

Foto: IMAGO/Norbert Barczyk/Pressfocus/Shutterstock

Wales

Zugegeben: Bei Weltmeisterschaften schneidet Wales noch schlechter ab als Österreich, die einzige Teilnahme – vorbehaltlich des Play-off-Ausgangs gegen Schottland oder die Ukraine – liegt 64 Jahre zurück. Bei Europameisterschaften herrschte bis 2016 ebenfalls Flaute, dann erreichten Gareth Bale und Co aber gleich das Halbfinale. 2021 beehrten sie das Achtelfinale, für eine Drei-Millionen-Einwohner-Nation aller Ehren wert.

"Die FAW ist eine sehr kleine Organisation, da arbeiten nicht viele Leute. Es ist nicht glamourös – aber das macht sie zugänglicher", sagt Ben Fisher, der für den "Guardian" über die walisische Nationalmannschaft berichtet. "Der Verband hat in den letzten Jahren an Glaubwürdigkeit gewonnen, sie sind besser mit den Fans verbunden. Einer der Faktoren ist, dass sie nicht mehr so Cardiff-zentriert sind."

Entscheidungen wie die Teamchefwahl trifft der Vorstand, in diesem sind die zwei mächtigsten Männer Präsident Steve Williams und CEO Noel Mooney, ein gebürtiger Ire. Fisher beschreibt diesen als beliebt: "Er ist ein guter Kommunikator, das hilft." Sämtliche Mail-Adressen und manch eine Telefonnummer der Verbandsspitze stehen auf der Website.

"Sie machen die kleinen Dinge richtig", sagt Fisher. "Viele Spieler sind nicht in Wales aufgewachsen, aber es gibt eine Einheit im Team. Im Nachwuchs lernen die Spieler die Nationalhymne." Viele sprechen kein Walisisch, Hen Wlad Fy Nhadau ist da kein Selbstläufer.

Foto: imago images/Shutterstock/James Marsh

Dänemark

Auf kaum ein Nationalteam schauen Österreichs Fußballfans derzeit so neidisch wie auf das dänische. 2018 verloren die Dänen im WM-Achtelfinale gegen den späteren Finalisten Kroatien erst im Elferschießen, im Halbfinale der EM 2020 gegen England erst durch einen äußerst umstrittenen Elfmeter in der Verlängerung. Ach ja: Dänemark hat keine sechs Millionen Einwohner.

Was macht der Verband anders? Wenn Jesper Engmann vom "Jyllands-Posten" die Struktur des Verbands beschreibt, fühlt man sich an den ÖFB erinnert. Im siebenköpfigen Vorstand sitzen Regionalfunktionäre, zwei Abgesandte des Amateurfußballs und ein Vertreter der Profiliga. Ex-Profi Peter Møller ist Sportdirektor, er hat Erfolgstrainer Kasper Hjulmand bestellt.

Während das ÖFB-Präsidium von Grüppchenbildung und persönlichen Eitelkeiten durchzogen ist, zieht man in Dänemark an einem Strang. "Es ist ein demokratischer Prozess, einmal im Jahr treffen sie sich", sagt Engmann. Fußball boomt wohl auch dank der Erfolge des Nationalteams. 345.000 Menschen spielen organisierten Fußball, 2021 stieg die Mitgliederzahl um elf Prozent.

Und warum läuft es auf der höchsten Ebene so gut? "Es ist schwer festzumachen. Vielleicht sind das Geheimnis die Nachwuchstrainer", sagt Engmann. "Wenn du zu einem kleinen Club kommst, um dein Kind und ein paar andere zu trainieren, wirst du zu Kursen eingeladen." Jüngst hat der Verband eine neue Vierjahresstrategie beschlossen, es kommt ein neues Hauptquartier samt Höchstleistungsabteilung. "Sie wollen sich weiterentwickeln, nicht mit dem guten Nationalteam begnügen und stagnieren." (Martin Schauhuber, 11.4.2022)

Foto: imago images/Ritzau Scanpix/Liselotte Sabroe