Für Sparer gibt es derzeit nichts zu holen, weiß Anlageberater Bernhard Führer im Gastblog.

Viele Menschen fragen sich gerade: Wo Geld anlegen, in einem Umfeld niedriger Zinsen auf Spareinlagen, hoher Inflation und immens gestiegener Immobilienpreise? Wertpapiere können da eine gute Alternative sein, jedoch kommt es bei deren Auswahl auf Fachkenntnis und Weitsicht an.

Die aktuelle Situation: Mickrige Zinsen und hohe Preissteigerungen

Für Sparer gibt es derzeit so gut wie nichts zu holen, da der Zins verschwunden ist. Dennoch legt ein Großteil der Österreicherinnen und Österreicher ihre Vermögenswerte noch in Spareinlagen an, wobei aktuell eine Tendenz zu erkennen ist, dass Wertpapiere zunehmend an Bedeutung gewinnen.

Da die Notenbanken weltweit nach wie vor expansive Geldpolitiken betreiben, kommt es zu einer negativen Realverzinsung von Spareinlagen. Wenn kurzfristig Anschaffungen bevorstehen, können Spareinlagen durchaus Sinn ergeben, da Schwankungen anderer Formen der Veranlagung so zumeist aus dem Weg gegangen werden kann. Langfristig garantieren diese jedoch den Verlust des Kapitals. Bei einer durchschnittlichen Inflation von 3,5 Prozent halbieren sich die Vermögenswerte innerhalb von 20 Jahren. Die Anleihen- und Immobilienmärkte zeigen ebenso hohe Bewertungen. Die expansive Geldpolitik wird jedoch keine voreilige Trendumkehr auf dem Immobilienmarkt bewirken.

Die Notenbankpolitik der Staaten führte in den letzten Jahren zu einem Rekord an negativ verzinslichen Anleihen. Dieser Trend setzte sich in der Folge fort, wobei derzeit Anleihen im Wert von rund 14,8 Billionen US-Dollar mit negativen Renditen von Regierungen und Unternehmen gehandelt werden – dies entspricht einem Fünftel der weltweit von Regierungen und Unternehmen ausgegebenen Anleihen. Die Preise dieser Anleihen sind folglich so hoch, dass deren Käufer garantiert weniger zurückbekommen, als sie als Kapital eingesetzt haben. Eine Geldanlage zu kaufen, die garantiert Geld verliert, ist kaum ein Rezept für finanziellen Erfolg. Gerade das tun jedoch gerade viele Anleiheinvestoren weltweit. Moderate Zinsanhebungen vonseiten der FED (US-Notenbank) gehen mit einem Anstieg der Inflation einher, die in Österreich im Monat März 2022 um 6,8 Prozent über jener des Vergleichsmonats des Vorjahres lag. Ein nicht gerade ermutigender Wert.

In Zeiten von Inflation und Niedrigzinsen wollen viele ihr Geld anlegen, anstatt zu sparen.
Foto: APA/dpa/Boris Roessler

Immobilien stellen auch keine gangbare Alternative dar

Die derzeitige Geldschwemme der Notenbanken rund um den Globus und die vorherrschenden niedrigen Zinsen lassen sowohl private als auch institutionelle Anleger die Flucht in Immobilien antreten. Bei jährlichen Preissteigerungen von zehn Prozent und mehr möchten viele auf den Zug aufspringen und Immobilienbesitzer werden. Die expansive Geldpolitik treibt auch hier, aufgrund niedriger Zinsen, viele in die Fänge riskanter Fremdfinanzierungen und lässt deren Volumen enorm ansteigen. Die historisch niedrigen Zinsen verführen Geldanleger dazu, Fremdkapital oft in erheblichem Maße aufzunehmen, und sind so für die Steigerung von Hypothekarkrediten verantwortlich.

Derzeit beträgt der durchschnittliche Preis pro Quadratmeter in Österreich rund 4.457 Euro und ist damit weit über dem europäischen Schnitt (in Irland sind beispielsweise hingegen nur 1.821 Euro pro Quadratmeter für Neubauten zu bezahlen). Eine Entlastung des Immobilienmarktes wird es dennoch erst mit dem Ende der durch die EZB verursachten Negativzinsen geben und sofern die Regierung die geplanten, strengeren Regelungen im Hinblick auf Fremdfinanzierungen im Immobiliensektor durchführt (für das zweite Halbjahr 2022 sind 20 Prozent Eigenkapital für Immobilienfinanzierungen geplant).

Auswahl geeigneter Wertpapiere

Anlageverwalter Tassilo Seilern führt in diesem Zusammenhang aus, dass Aktien nur dann riskant sind, wenn man einen kurzen Anlagehorizont besitzt und nur regional investiert. Betrachtet man den japanischen Leitindex von 1990 bis 2020, so sieht man, dass er ein Prozent pro Jahr real an Wert verloren hat. Andererseits erzielte der US-Leitindex S&P 500 im Zeitraum 1926 bis 2021 rund neun Prozent Rendite pro Jahr und liegt somit sechs Prozent über der Inflationsrate. Risikostreuung macht Sinn, um vor solchen Unwägbarkeiten geschützt zu sein.

Ein relevantes Instrument stellen in diesem Zusammenhang hochwertige Unternehmen dar, welche ebenso vor Inflation schützen und durch umfassende Analyse der einzelnen Titel identifiziert werden können. Seilern vertraut dabei auf Qualitätswachstumsaktien. Er betrachtet dabei ausschließlich Aktien, die in OECD-Staaten gelistet sind. Durch einen umfassenden Auswahlprozess kann laut Seilern Anlegern zu Renditen verholfen werden, welche das Kapital erhalten und so vor Preissteigerungen schützen.

Wertpapiere bleiben aufgrund mangelnder Alternativen im Fokus

Es ist also korrekt, wie Seilern ausführt, dass Aktien über die vergangenen 100 Jahre ein Kapitalwachstum von etwa sieben Prozent pro Jahr erbrachten (vor Inflation und im Durchschnitt). Keine andere Anlageklasse beziehungsweise Anlageform – ob nun Immobilien, Anleihen, Gold oder Bargeld – bietet ein vergleichbares Renditepotenzial. Darüber hinaus schützen Qualitätswachstumsaktien Kapital und Vermögen, da sie die Inflation der Unternehmen einbeziehen und eine reale Beteiligung an den jeweiligen Unternehmen darstellen, welche ihre Kaufkraft über einen langen Zeitraum gut erhalten. Seilern merkt dazu an, dass bestimmte Wertpapiere eine höhere Inflation besser verkraften, vor allem dann nämlich, wenn sie mit geringer Verschuldung, einer guten Kapitalstruktur und hohen Margen ausgestattet sind. Dadurch bleibt laut Seilern nicht nur die Kaufkraft erhalten, was gerade in einem Umfeld höherer Inflation sehr relevant ist, sondern diese Wertpapiere profitieren darüber hinaus von entsprechenden Wertsteigerungen, die über den inflationsbedingten Kaufkraftverlusten liegen. (Bernhard Führer, 12.4.2022)