Die Russische Eisenbahn zahlte Schulden in Schweizer Franken nicht zurück.

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London/Moskau – Das Rätselraten, ob Russland und seine Unternehmen ihren Zahlungsverpflichtungen trotz Sanktionen nachkommen oder westlichen Kreditgebern hohe Abschreibungen drohen, ist vorbei: Am Montag wurde der erste Zahlungsausfall eines russischen Unternehmens registriert. Bei einer von der Russischen Eisenbahn ausgegebenen Anleihe sei ein Zahlungsversäumnis ("failure to pay") festgestellt worden, teilte das EMEA Credit Derivatives Determinations Committee mit.

Es handelte sich um ein Darlehen in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken (246 Millionen Euro) mit Fälligkeit 2026. Bank of America, Goldman Sachs und JPMorgan Chase sind einige der EMEA-Ausschussmitglieder, die einen Zahlungsausfall sehen.

"Zahlung nicht möglich"

Die Eisenbahn erklärte, sie habe versucht, die am 14. März fällig gewordenen Zinszahlungen zu leisten, sei aber aufgrund "rechtlicher und regulatorischer Verpflichtungen innerhalb des Korrespondenzbankennetzes" dazu nicht in der Lage gewesen, heißt es in einer von der Schweizer Börse Six Swiss Exchange veröffentlichten Mitteilung. Der Kreml betonte, Russland habe die notwendigen Mittel, um seine Schulden zu bezahlen. "Es kann nur eine technische, von Menschen verursachte Zahlungsunfähigkeit geben", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Es gibt keine objektiven Gründe für einen solchen Ausfall." Russland habe alles, um alle seine Verpflichtungen zu erfüllen.

Auch die Alrosa-Gruppe, einer der größten Diamantenproduzenten der Welt, bediente eine Zinszahlung in Höhe von 11,6 Millionen Dollar (10,6 Millionen Euro) nicht – wegen der Sanktionen, berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax

Nur Dollar-Zahlungen

Zuletzt hatten die USA den Druck auf Russland wegen der Invasion in der Ukraine erhöht. Das Finanzministerium hinderte die russische Regierung vergangene Woche daran, fällige Zahlungen von mehr als 600 Millionen Dollar an ihre Gläubiger aus den bei US-Banken gehaltenen Devisenreserven zu leisten. Die von der russischen Zentralbank gehaltenen Reserven waren nach Kriegsbeginn eingefroren worden, doch durfte Moskau Zahlungen auf in Dollar lautende Staatsanleihen noch leisten.

Mit der Blockade soll der Kreml zu einer Entscheidung gezwungen werden: die Dollar, auf die er im Inland zugreifen kann, entweder für Zahlungen an Gläubiger zu nutzen oder für andere Zwecke wie die Finanzierung des Krieges einzusetzen. Russland meldete seinerseits, heuer keine Staatsanleihen mehr zu begeben. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas reichten aus, um laufende Staatsausgaben zu decken, kündigte Wirtschaftsminister Anton Siluanow in der Zeitung Iswestija an. Er verwies auf die "astronomischen Kosten", mit denen eine weitere Schuldenaufnahme verbunden sei. Damit bezog er sich wohl auf die hohen Zinsen, die Russland bieten müsste.

"Selective Default"

Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s hat die Kreditwürdigkeit Russlands auf "selective default" abgestuft. Damit wird ein teilweiser Zahlungsausfall gekennzeichnet. Man erwarte nicht, dass die Anleihe-Gläubiger die Rubel-Zahlung in einen adäquaten Dollar-Betrag umtauschen könnten oder dass die russische Regierung das in der ihr verbleibenden Frist von 30 Tagen noch tue, begründete S&P die Entscheidung. Künftige Sanktionen würden die Fähigkeit Russlands, seinen Verpflichtungen gegenüber ausländischen Gläubigern nachzukommen, weiter behindern. (Reuters, AFP, red, 11.4.2022)