Die Wölfe sorgen für Unruhe in der Tiroler Politik.

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Innsbruck/Wien – Je näher der Almsommer rückt, desto hitziger wird die politische Debatte rund um das Thema Rückkehr der großen Beutegreifer geführt. In Tirol sind es in erster Linie Wölfe, die den Schafbauern Sorgen bereiten. Im Vorjahr waren auf Tirols Almen 378 tote Schafe, Ziegen und ein totes Rind zu verzeichnen. Das Gros dieser Verluste, nämlich 77,5 Prozent, soll gemäß Erhebungen des Landes auf das Konto von Wölfen gehen.

Für manche Bauern ist das Maß damit voll, sie wollen ihre Tiere nicht mehr auf die Almen treiben. Herdenschutzmaßnahmen halten sie für nicht durchführbar oder zu aufwendig. In der Politik haben sich zwei Lager gebildet: jenes, das die Rückkehr der großen Beutegreifer befürwortet, und jenes, das sie am liebsten wieder zum Abschuss freigeben würde.

Zu Ersteren zählen die Grünen. Deren Klubobmann im Landtag, Gebi Mair, ließ vergangene Woche mit der Forderung aufhorchen, jeden Wolf, "der über den Brenner lugt", zu besendern – also mit einem GPS-Tracker auszustatten, um seine Spur verfolgen zu können. Für diesen Vorschlag ernteten die Grünen postwendend Kritik von ÖVP und FPÖ, die wiederum aufseiten der Almbauern stehen.

EU hilft bei Lösungssuche

"Die Forderung der Grünen nach einer Besenderung von eingewanderten Wölfen ist an Realitätsferne und Konzeptlosigkeit nicht zu überbieten", sagte FPÖ-Obmann Markus Abwerzger. "Wenn die Grünen wirklich keine Problemwölfe in Tirol haben wollen, sollten sie aktiv mithelfen, dass wir solche auch abschießen können", ließ Landeshauptmannstellvertreter und Agrarlandesrat Josef Geisler (ÖVP) dem Koalitionspartner ausrichten.

Die Debatte reicht längst über Tirol hinaus, denn der strenge Schutzstatus des Wolfes ist auf europäischer Ebene in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) geregelt. Daher arbeite die EU-Kommission "konstruktiv mit der österreichischen Regierung zusammen, um eine Lösung zu finden, die sowohl dem Schutzstatus des Wolfes als auch den Bedürfnissen der Land- und Almwirtschaft gerecht wird", erklärt dazu Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich. Aktuell laufe zudem ein Auskunftsersuchen mit Fragen an die Regierung, um besser beurteilen zu können, ob die österreichische Rechtslage mit den rechtlichen Anforderungen der FFH-Richtlinie sowie des Übereinkommens von Aarhus vereinbar ist.

ÖVP gerät unter Druck

Die Volkspartei gerät im Zuge der Debatte immer mehr unter Druck. Vor allem aus den Reihen der Bauernschaft kommt harsche Kritik. Wie die Tiroler Tageszeitung berichtet, drohen immer mehr Landwirte, der VP aus Protest gegen die ihrer Meinung nach mangelnde Unterstützung den Rücken zu kehren. Die in der "überparteilichen, aber nicht unpolitischen Bewegung" Weidezone organisierten Wolfsgegner fordern eine Weidezone nach schwedischem oder finnischem Vorbild. Das sei ein geografisch klar definiertes Gebiet, in dem die großen Beutegreifer ganzjährig bejagbar sein sollen.

Die Landwirte sind der Meinung, dass diese Zonierung durch die Landesregierung erfolgen kann, da das Jagdrecht Landessache ist. Diese verweist wiederum auf geltendes Recht, das den Wolf unter strengen Schutz stellt. Das geforderte "schwedische Modell" sei in Tirol daher nicht umsetzbar, ließ Landesrat Geisler wissen. Bisher verliefen die Gespräche zwischen Bauernschaft und Politik ergebnislos, am 25. April soll nun ein Treffen mit Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) Fortschritte bringen, andernfalls könne es "richtig rauschen". (Steffen Arora, 12.4.2022)