Andrés Orozco-Estrada und die Wiener Symphoniker gehen getrennter Wege.

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Per Aussendung hat der Dirigent Andrés Orozco-Estrada am Dienstagvormittag mitgeteilt, mit sofortiger Wirkung als Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Wiener Symphoniker zurückzutreten. Als Grund werden "langanhaltende und unüberwindbare Differenzen mit dem Intendanten des Orchesters, die trotz kontinuierlicher Versuche nicht aus dem Weg geräumt werden konnten", genannt. Weiters heißt es in dem Statement, dass Orchester und Dirigent "keine weitere gemeinsame künstlerische Basis für eine längerfristige Zusammenarbeit" sehen.

Reaktion auf Nichtverlängerung

Der Rücktritt sei eine Folge dessen, dass der Vertrag von Orozco-Estrada nicht über die Spielzeit 2024/25 verlängert wurde, hielten wiederum die Wiener Symphoniker in einer Reaktion fest. Das sei kürzlich vom Orchester beschlossen worden. Den Rücktritt Orozco-Estradas bedauere man "außerordentlich", betonte Intendant Jan Nast. Man hätte "die Zusammenarbeit gern bis zum Ende seiner offiziellen Amtszeit fortgesetzt. Gemeinsam mit ihm hatten wir bereits großartige Projekte entwickelt und geplant."

Die Musikerinnen und Musiker der Orchesterversammlung hätten sich Ende März gemäß den Statuten gegen eine Vertragsverlängerung ausgesprochen, dieser Entscheidung seien Nast und Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) gefolgt. "Wir werden als Orchester nun in Ruhe überlegen, wie wir mit den geplanten Konzerten mit Andrés Orozco-Estrada umgehen", so Nast.

"Markt sondieren"

Die von Orozco-Estrada angeführten Differenzen stellte der Symphoniker-Intendant indes in Abrede. "Da wir in den letzten Jahren konstruktiv mit vielen Dirigentinnen und Dirigenten zusammengearbeitet haben, werden die kommenden Konzerte – besonders 'Frühling in Wien' – wie geplant stattfinden. Ich bedauere sehr, dass Andrés Orozco-Estrada sein Orchester so kurzentschlossen verlässt."

Was die Nachfolge von Orozco-Estrada als Chefdirigent und künstlerischer Leiter betrifft, meinte Nast auf Nachfrage: "Wir haben Zeit. Man muss zuerst den Markt sondieren. Es ist wichtig, dass es eine Beziehung zwischen Orchester und Dirigent gibt, das muss eine große Verliebtheit sein." Diesen Prozess dürfe man "nicht forcieren". Ob eine Entscheidung nächstes oder übernächstes Jahr getroffen werde, könne er aktuell noch nicht sagen. "Es ist jedenfalls eine Entscheidung mit dem Orchester."

Der 44-jährige gebürtige Kolumbianer studierte ab 1997 in Wien. Von 2005 bis 2009 stand er dem Grazer Recreation vor, bevor er 2009 den Posten des Chefdirigenten beim Tonkünstlerorchester Niederösterreich antrat. 2014 folgten Engagements als Chefdirigent des HR-Sinfonieorchesters in Frankfurt und des Houston Symphony Orchestra. Chefdirigent der Wiener Symphoniker war er seit dem Herbst 2020.

Lösung für Osterkonzerte

Die beiden kommendes Wochenende anstehenden Osterkonzerte "Frühling in Wien" der Wiener Symphoniker wird, so wurde am Dienstagnachmittag bekannt gegeben, Markus Poschner, seit 2017 Chefdirigent des Bruckner Orchesters Linz, leiten. "Er ist eine ausgezeichnete Wahl für dieses abwechslungsreiche Programm", sagte Intendant Jan Nast in einer Aussendung über Poschner. "Ich freue mich sehr, dass Markus Poschner so kurzfristig einspringen wird und nach zehn Jahren wieder zu den Symphonikern zurückkehrt", so Nast weiter. Die Konzerte finden kommenden Samstag und Sonntag im Wiener Musikverein statt, das Programm bleibt unverändert. (APA, red, 12.4.2022)