Auf dem Hohen Sonnblick (3106 Meter) nahe Rauris wird Wolkenforschung betrieben.
Foto: APA/EXPA/JFK

Wolken haben einen großen Einfluss auf das Klima, das Wissen über ihre Entstehung und die physikalischen Abläufe in ihrem Inneren ist jedoch noch immer sehr lückenhaft. Das Observatorium am Sonnblick in den Hohen Tauern in Salzburg könnte in Zukunft dazu beitragen, einige dieser Lücken zu füllen: Auf 3.106 Meter Seehöhe entsteht ein europaweites Wolkenforschungszentrum. Gemessen und analysiert wird die Wechselwirkung von Wolken, Aerosolen und Spurengasen. Das Observatorium hat eine zentrale Rolle im europäischen Forschungsprogramm Actris, das sich in der Startphase befindet und 2025/26 in Vollbetrieb geht.

"Wir schauen uns die mikrophysikalischen Eigenschaften der Wolke an", erklärte Meteorologe Christian Maier am Dienstagnachmittag bei einem Lokalaugenschein am Sonnblick. Je genauer die Erkenntnisse über die Strahlungseigenschaften und die Zusammensetzung der Wolke seien, desto genauer werde auch die Klimaprognose, sagte Maier. Er ist für die Implementierung des Wolkenmonitorings zuständig und betreut gemeinsam mit Messtechniker Gerhard Schauer die Aerosolmessung und das Datenmanagement. "Die Wechselwirkung zwischen Aerosolen und Wolkenbildung ist noch zu wenig erforscht", weiß Schauer.

Eiskeimbeobachtung mit einem Prototypen

In einem Laborraum des Observatoriums steht seit Herbst 2021 ein blauer, mannshoher schmaler und eher unscheinbarer Kasten. Darin verbirgt sich allerdings ein 250.000 Euro teures Messgerät namens "Pine". "Dieser Prototyp stammt aus Karlsruhe und wurde extra für Actris entwickelt", erzählte die Leiterin des Sonnblick-Observatoriums, Elke Ludewig. Das Gerät misst, unter welchen Bedingungen sich Eiskeime in Wolken bilden. Dazu werden Luft-Partikel aus etwa drei bis zehn Meter Höhe über der Dachterrasse des Observatoriums durch einen Schornstein angesaugt und in der Wolkenkammer des Gerätes auf bis zu minus 50 Grad abgekühlt.

Meteorologe Christian Maier überprüft Messinstrumente des Actris Wolkenforschungsprogramms im Labor am Sonnblick Observatorium.
Foto: APA/EXPA/JFK

Die Wolkenparameter wie Tröpfchen und Wassergehalt werden dokumentiert und analysiert. Das funktioniert natürlich nur dann, wenn sich über dem Sonnblick auch (Nebel-)Wolken gebildet haben, und das ist laut der Klimaforscherin und Meteorologin an rund 270 Tagen im Jahr der Fall.

Wolken und Niederschlag sorgen je nach Größe, Art und Vorkommen für eine Erwärmung oder eine Abkühlung der Atmosphäre. Bisher gab es in Europa noch kein dauerhaftes Monitoring von Wolken, Aerosolen und Spurengasen. Diese Lücke soll nun das ACTRIS-Programm füllen. Neue, hochsensible Messinstrumente werden dafür entwickelt. "Wir prüfen, ob sie mit der Höhe und den Bedingungen dort zu recht kommen. Für die Wolkenforschung legen wir fest, wie gemessen werden muss", sagte Ludewig.

30 europäische Wolkenmess-Stationen

Das Europäische Zentrum für Wolkenvergleichsmessungen wird von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) am Sonnblick errichtet. In Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie, dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung und der Universität Manchester wird dort das sogenannte Actris Topical Center CIS für bodengebundene Wolkenmessungen aufgebaut. Das Team des Observatoriums unterstützt in Zukunft die Koordination von rund 30 europäischen Wolkenmess-Stationen und nimmt dabei eine Vorbildfunktion ein.

Bild nicht mehr verfügbar.

Wolken sind eine Zusammenballung von feinsten Wassertröpfchen oder Eiskristallen. Ihre Entstehung und ihre Rolle beim Klima sind Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte.
Foto: AP/Ted S. Warren

Ludewig rechnet im Sommer 2022 mit der offiziellen Freigabe seitens der EU. Im November sind die ersten Pilot-Messkampagnen mit europäischen Forschungseinrichtungen geplant. "Bis 2024 sollen alle Institutionen, die dabei sind, ein Kochrezept von uns bekommen, wie Wolken gemessen werden", skizzierte Christian Maier den Zeitplan. Einen wichtigen Part spielt dabei das Qualitätsmanagement der Daten. In der Implementationsphase von Actris werden am Sonnblick jährlich 100.000 Euro investiert. Zwei zusätzliche Mitarbeiter sind für das Projekt vorgesehen.

Weltweit vernetzt

Das Observatorium am Sonnblick gehört zu den weltweit 40 hochwertigsten GAW-Stationen der Weltorganisation für Meteorologie. GAW (Global Atmosphere Watch) überwacht die chemische und physikalische Zusammensetzung der Atmosphäre. Das Sonnblick Observatorium ist auch Teil des Baseline Surface Radiation Network (BSRN) zur Messungen des Strahlungsfelds an der Erdoberfläche und von Long Term Ecological Research (LTER) zum globalen Verständnis des Ökosystems sowie von Global Cryosphere Watch (GCW) zur Untersuchung des Einfluss der Eisgebiete auf die Landoberflächen und die Atmosphäre. (APA, red, 13.4.2022)