Dürre und Schädlingsbefall lassen viele Nadelwälder absterben.
Foto: AFP/ Ina FASSBENDER

Trockenheit bestimmt mit darüber, ob ein Baum Schädlingsbefall überleben kann oder ob er daran zugrunde geht. Je mehr Dürreperioden ein Baum erlebt hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass er stirbt, wenn er von Schädlingen befallen wird. Angesichts der Folgen der Klimaerwärmung sind dies keine gute Aussichten für die Wälder. Wie eine aktuelle Studie zeigt, hat in den vergangenen Jahren die Zahl der Nadelwälder in Europa, die direkt oder indirekt durch Insektenbefall abgestorben sind, dramatisch zugenommen.

Forschungsprojekte zeigten bereits, dass Wälder, die in einem für sie ungeeigneten Klima wachsen – beispielsweise eine Fichte in einem trockenen Klima –, leichter von Waldkrankheiten oder Schädlingsbefall betroffen sind. Laut der in der Fachzeitschrift "Global Change Biology" veröffentlichten Studie kann der Klimawandel jedoch bewirken, dass selbst Wälder, die sich in ihrer optimalen Umgebung befinden, von einem Borkenkäferbefall betroffen werden.

Dürre ist die Hauptursache für diese Situation. Der Artikel kommt zu dem Schluss, dass große Hitzewellen und damit einhergehende Dürren die Wälder an die Grenze ihrer Widerstandsfähigkeit bringen und sie dem Insektenbefall aussetzen. Diese Mischung ist der Auslöser für das Baumsterben aufgrund von Schädlingen in großen Waldbeständen.

Kumulative Auswirkungen

"Den Ergebnissen zufolge hängt die Widerstandsfähigkeit eines Waldes gegen den Befall durch diese Insekten fast ausschließlich von der Trockenheit sowie deren Intensität und Dauer ab", erklärt die Erstautorin Luciana Jaime González von der Autonomen Universität Barcelona. "Außerdem sind die Auswirkungen kumulativ: Wälder haben ein Gedächtnis, und je mehr Dürreperioden in ihrer Geschichte vorkommen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie von Insekten befallen werden."

Die globale Erwärmung begünstigt die Vermehrung einiger Waldschädlinge, wie beispielsweise von Kiefernborkenkäfern der Gattungen Tomicus und Ips, und führt gleichzeitig zu intensiveren Dürreperioden. Laut González ist das Ergebnis dieser Kombination ein tödlicher Cocktail für Nadelbäume: "Von den Tausenden untersuchten Bäumen sind fast 30 Prozent von einer Scolytide befallen, das ist die Familie holzbohrender Käfer, die Nadelbäume am häufigsten besiedelt; sechs Prozent sind bereits abgestorben."

Eine von Borkenkäfern (Tomicus minor) befallene Kiefer (Pinus sylvestris).
Foto: Luciana Jaime González

Wieder ein Waldsterben?

In den letzten Jahren hat die Zahl der Nadelwälder in Europa, die direkt oder indirekt durch Insektenbefall abgestorben sind, besorgniserregend zugenommen. Aus diesem Grund wurden in der Studie, die von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL), vom Centre for Research on Ecology and Forestry Applications (CREAF) und der Autonomen Universität Barcelona geleitet wurde, 130 ICP Forests-Flächen in ganz Europa untersucht. Diese werden seit 2010 überwacht, um zu verstehen, wie Bäume auf Insektenbefall reagieren und welche am stärksten gefährdet sind. Die Untersuchungen haben ergeben, dass die Schädlinge in Mittel-, Nord- und Südosteuropa immer aggressiver werden und mehr Wälder befallen.

Besonders problematisch sind die Scolytidenarten, die mehr als einen Lebenszyklus pro Jahr durchlaufen – die sogenannten Multivoltinen. Sie nutzen die steigenden Temperaturen, um sich immer öfter pro Jahr fortzupflanzen. Diese Daten "sind sehr wichtig, um Risikokarten zu erstellen und Hot Spots zu identifizieren, in denen hohe Temperaturen und damit verbundene Dürreperioden die Vermehrung von Scolytiden begünstigt und die Stabilität des Waldökosystems gefährden können", sagt Luciana Jaime González. Neben Trockenheit und Temperatur gibt es noch andere Faktoren, die Bäume für den Befall durch diese Schädlinge empfänglich machen, wie zum Beispiel die Struktur des Waldes und die Zusammensetzung der Baumarten. (red, 17.4.2022)