An der erstinstanzlichen Verurteilung des Ibiza-Videomachers Julian Hessenthaler überraschte vor allem die Begründung des Schöffensenats.

Darin wird die Tatsache, dass sich die beiden Belastungszeugen gegenseitig oft widersprochen hatten, als Zeichen für deren Glaubwürdigkeit bewertet, denn dies lasse vermuten, dass sie sich nicht abgesprochen hätten. Ein für mich nachvollziehbarer Schluss, bin ich doch unlängst in einem anderen Zusammenhang zu einem ganz ähnlichen Ergebnis gekommen:

Julian Hessenthaler vor einem Prozess nach dem Suchtmittelgesetz gegen den mutmaßlichen Ibiza-Drahtzieher.
Foto: APA/FLORIAN WIESER

In einer Mail hatte mir ein nigerianischer Prinz vorgeschlagen, eine ihm bevorstehende Millionen-Dollar-Erbschaft mit ihm zu teilen. Ich müsse nur vorher zehntausend Dollar Bankgebühren auf sein Konto in Panama überweisen. Ein paar Tage später erhielt ich eine Mail von einem Bankbeamten aus Panama, mit einer Erinnerung an die Erbschaft und meine für ihren Antritt zuvor nötige Überweisung. In dieser Nachricht wurde mein potenzieller Erbschaftspartner jedoch als indonesischer Prinz beschrieben. Selbstverständlich werde ich deshalb das Geld nach Panama überweisen, weil ich mir nun sicher sein kann, dass sich die beiden Mail-Schreiber nicht miteinander abgesprochen haben.

Fake News einkaufen

Im Hessenthaler-Prozess hatte ein Belastungszeuge zuvor 55.000 Euro vom Novomatic-Lobbyisten Prof. Gert Schmidt erhalten. Diese Summe hätte Schmidt laut eigenen Angaben für "Informationen" bezahlt, von denen er später selber zugab, dass sie teilweise nicht gestimmt hatten. Dafür zu bezahlen war also so, als würde man Wolfgang Fellners zeitungsähnliches Produkt "Österreich" kaufen. Also nicht die Berichterstattung – die dürfte eher teurer sein –, sondern das Print-Produkt. Das ist theoretisch möglich, man kann es sogar um 29,90 Euro pro Monat abonnieren und lernt daraus, was man schon von Schmidt vorgezeigt bekam: Auch Falschinformationen haben einen Marktwert. Wobei der Novomatic-Lobbyist um das dem Zeugen bezahlte Geld genauso ein "Österreich"-Abo für 153 Jahre hätte erwerben können, bei dem sicher noch die eine oder andere Autobahn-Vignette inkludiert gewesen wäre.

Schmidts Großzügigkeit beim Fake-News-Einkaufen wirkt noch erstaunlicher angesichts eines mir vorliegenden Dokuments einer seiner ehemaligen Mitarbeiterinnen. Sie berichtet darin, dass am 1. März 2022 über die "Profi Media GmbH" des Professor Gert Schmidt das Insolvenzverfahren eröffnet werden musste. Für den wirtschaftlichen Pechvogel dürfte es sich dabei um eine nicht ganz neue Erfahrung handeln, denn wie aus der Aufstellung seiner Ex-Mitarbeiterin hervorgeht, war er mit seinen diversen Gesellschaften in den letzten 25 Jahren gleich in fünfzehn Insolvenzverfahren verwickelt. Man könnte also von einem "Archaeopteryx unter den Pechvögeln" sprechen. Oder um beim Vogel-Vergleich zu bleiben: ein nur bedingt flugtaugliches Exemplar, das öfter abgestürzt als geflogen ist.

Woher der Professor trotz seiner wirtschaftlich prekären Lage die 55.000 Euro für den Zeugen hatte und ob eine spezielle Falschinformation einem möglichen Sponsor was wert gewesen sein könnte, wird sich vielleicht in einem anderen, rund um Schmidt laufenden Ermittlungsverfahren noch weisen. (Florian Scheuba, 13.4.2022)