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Ex-Casinos-Vorstand und Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo bringt seinen arbeitsrechtlichen Streit vor die nächste Instanz.

Foto: Reuters/ Darinn Zammit Lupi

Peter Sidlo, Kurzzeit-Finanzvorstand der Casinos Austria AG (Casag), wehrt sich. Der frühere Manager des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns hat gegen das Urteil des Handelsgerichts (HG) Wien zu seinem Arbeitsrechtsstreit Berufung eingebracht.

Der frühere Wiener FPÖ-Bezirksrat war im Jänner mit seiner Klage gegen die Casag abgeblitzt, mit der er sich gegen seinen Rauswurf aus dem Vorstand und seine Entlassung gewehrt hatte. Damit hatte er auch eine Abfuhr für die von ihm geltend gemachten rund 2,4 Millionen Euro bekommen; darunter jene Zahlungen, die ihm bis zum Auslaufen seines Vertrags zugestanden wären.

Keine Informationen

Sidlo, ab 1. Mai 2019 im Casag-Vorstand, hält seinen Rauswurf im Dezember 2019 für unberechtigt. Der Aufsichtsrat hatte seine Abberufung und Entlassung damit begründet, dass er vom Manager angelogen worden sei, als es um die Frage ging, ob und wie er in die Umstände seiner Bestellung involviert war. Das Kontrollgremium hatte Sidlo eine parlamentarische Anfrage der Neos vorgelegt, in der seine umstrittene Bestellung und die mögliche Involvierung von FPÖ und Novomatic Thema war. Er meinte sinngemäß dazu, er könne mangels Infos nichts dazu sagen.

Als aber die offenherzigen Chats zwischen dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, dem damaligen Chef von Casag-Aktionär Novomatic, Harald Neumann, und anderen bekannt wurden, wurde Sidlo rausgeworfen. Vermutet wird bekanntermaßen ein Deal FPÖ–Novomatic. Gemäß dem Motto: Spitzenjob für einen Blauen gegen politisches Entgegenkommen bei Glücksspiel-Gesetzen. Die WKStA ermittelt, Sidlo und die zahlreichen anderen Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.

Die Causa Casag ist die Keimzelle jenes Ermittlungsakts, der die Republik seither und seit Ibiza in Atem hält. Unter der entsprechenden Aktenzahl werden jede Menge Korruptionsermittlungen geführt, auch die gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz.

Gericht sah "mangelnde Offenheit"

Zurück zu Sidlo: Auch die Richterin am HG Wien ortete "mangelnde Offenheit" gegenüber dem Aufsichtsrat. Zitat aus dem Urteil: "In Anbetracht der Chatverläufe sowie der Feststellung, dass dem Kläger bekannt war, welche Personen in seinen Bewerbungsprozess involviert waren (…) und insbesondere, dass Neumann Strache zugesagt hatte, ihn als Kandidaten vorzuschlagen und sich nach Kräften für seine Wahl einzusetzen" sei das "ohne Zweifel als mangelnde Offenheit zu bezeichnen". Folge sei eine massive Schädigung der Casag gewesen, der Rauswurf also okay. Die Bestellung sei "massiv" von Strache gefördert worden, das lasse sich aus den Chats "zweifelsfrei" ablesen.

Erklärbar sei das "nur mit dem parteipolitischen Kalkül Straches, aus der Bestellung des Klägers einen Vorteil für die FPÖ zu ziehen". Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, "dass Novomatic den Kläger ohne dessen politischen Hintergrund und seine daher rührende Unterstützung nicht als eigenen Kandidaten vorgeschlagen hätte".

Selektive Wahrnehmung

In seiner 30-seitigen Berufungsschrift macht Sidlos Anwalt Roland Gerlach Verfahrensmängel ebenso geltend wie unrichtige Tatsachenfeststellungen des Gerichts. Das habe den vom Casag-Aufsichtsrat beauftragten und vom Kläger vorgelegten "Endbericht Projekt Alea" nur "selektiv" verwertet. Und zwar nur jene Teile, in dem es den Kläger nach Ansicht des Gerichts belaste.

Zudem liege "kein einziges Beweisergebnis vor, dass Strache aus der Bestellung des Klägers einen Vorteil für die FPÖ ziehen wollte", auch sei nicht festgestellt worden, dass dem Kläger ein "allfälliger parteipolitischer Hintergrund (seiner Bestellung; Anm.) bekannt war". Und: Nicht seiner FPÖ-Mitgliedschaft habe Sidlo Straches Unterstützung zu verdanken, sondern "in erster Linie" einem "persönlichen Naheverhältnis".

Aufsichtsrat war informiert

Das Erstgericht habe zudem übersehen, dass Sidlo die parlamentarische Anfrage der Neos wahrheitsgemäß beantwortet habe. Und auch, dass dem Aufsichtsratsvorsitzenden Walter Rothensteiner, der eine entsprechende Aktennotiz angelegt habe ("Hintergrunddeal mit den Blauen") und dem Aufsichtsratsmitglied Neumann "allfällige politische Hintergründe der Bewerbung des Klägers bekannt" gewesen seien. Anders ausgedrückt: Sidlo habe den Aufsichtsrat in dem Punkt gar nicht täuschen können, habe der doch über die Hintergründe Bescheid gewusst.

Über all das wird nun das Oberlandesgericht Wien entscheiden. (Renate Graber, 14.4.2022)