Das Wachstum nicht abwürgen und die Preissteigerungen in den Griff bekommen – kein leichtes Unterfangen für die EZB.

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Die Erwartungen sind hoch: Inflationsbekämpfung sei Aufgabe der Notenbanken, tönt es seit Wochen aus den Mündern von Politikern und Politikerinnen verschiedener Couleur. Kein Wunder: Die Konsumenten merken, wie ihre Kaufkraft sinkt – und das besonders an der Zapfsäule, aber auch beim Einkauf im Supermarkt. Die Unzufriedenheit der Bürger und Bürgerinnen steigt. Unternehmen klagen über hohe Energiekosten, die sie noch nicht überwälzen konnten. Auch sie erwarten Linderung an der Teuerungsfront.

Kaum jemand erwartet, dass die Preise so schnell wieder sinken. Nur ein aktuelles Beispiel: Das Barometer für die langfristigen Inflationserwartungen im Euroraum, der sogenannte Five-Year-Five-Year-Forward, kletterte am Mittwoch zeitweise auf mehr als 2,40 Prozent. Das ist nach Daten von Refinitiv, die bis 2013 zurückreichen, der höchste Wert. Der US-Datendienstleister erlaubt damit einen Blick in die vergleichsweise ferne Zukunft. Anleger an der Börse erwarten zwischen 2027 und 2032 durchschnittlich eine Teuerungsrate von etwas mehr als 2,40 Prozent. Das läge immer noch deutlich über dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgegebenen Ziel von zwei Prozent.

Dynamische Preissteigerungen

Doch so weit in die Zukunft muss man gar nicht blicken. Die Verbraucherpreise im Euroraum sind zuletzt im März um 7,5 Prozent gestiegen. Die Preise für Energie schnellten um 44,7 Prozent empor. All das setzt die Euro-Notenbank noch mehr unter Druck. Passiv bleiben ist angesichts dieser Dynamik wohl keine Option.

Die Diskussionen unter den Währungshütern dürften derzeit hochspannend, die Meinungen innerhalb der EZB-Mitglieder recht unterschiedlich sein. Heute, Donnerstag, steht die Zinssitzung der Euro-Notenbank in Frankfurt an. In der Sitzung muss die Zentralbank zumindest den Kurs in Zeiten des weiter andauernden Ukraine-Kriegs abstecken. Nach bisherigen Planungen will sie im Sommer ihre milliardenschweren Anleihenkäufe beenden, wenn es der Inflationsausblick erlaubt. Doch wann kommt die Zinswende?

Rascher Kurswechsel?

Möglich wäre ein Kurswechsel relativ rasch. Dieser Ansicht ist zumindest der Präsident der Deutschen Bundesbank Joachim Nagel: "Das, was wir jetzt sehen am aktuellen Rand, deutet darauf hin, dass sich möglicherweise auch die Sparer bald wieder über höhere Zinsen freuen können", sagte er jüngst in der deutschen ARD.

Mehrere Währungshüter haben den September als möglichen Termin ins Spiel gebracht. An den Märkten wird heftig spekuliert, wie straff die Euronotenbanker die Zügel anziehen können. Viele rechnen mit zwei Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte – noch vor Jahresende. (Regina Bruckner, 14.4.2022)