Kommt es endlich zum "großen Wurf", oder wird es wenigstens kleinere Verbesserungen im Mietrecht geben, etwa Belohnungen für Energieeffizienz? Man wird sehen.

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Das Mietrecht ist reformbedürftig. Und es soll auch reformiert werden, hieß es jüngst von der zuständigen Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zum STANDARD. Der im Regierungsprogramm vorgesehene Dialog werde noch in dieser Legislaturperiode starten, versicherte sie.

Doch Skepsis ist angebracht. Ein "leicht verständliches, modernes Mietrecht" zu schaffen, das hat sich in den letzten 20 Jahren jede Regierung vorgenommen. Zu viel mehr als einer Neuregelung der Erhaltungspflichten (Stichwort: Therme) hat es bisher nicht gereicht.

Mehrere Anläufe scheiterten

Dabei wäre ausreichend bekannt, was alles getan werden müsste. Das 1994 eingeführte Richtwertsystem, das hauptsächlich bei Altbauwohnungen die Miethöhe regelt, müsste zumindest modernisiert, am besten aber wohl durch etwas Neues ersetzt werden. Die Millionenstadt Wien hat nach wie vor den zweitniedrigsten Richtwert aller Bundesländer. Der Lagezuschlag soll eine "Marktkomponente" in dieses System bringen, doch vor allem in den letzten Jahren hat daran in erster Linie die Verständlichkeit extrem gelitten. Überlegungen, das Richtwertsystem zu ersetzen, gibt es seit mindestens 20 Jahren. Schon damals war etwa von der Schaffung eines Systems nach deutschem Vorbild die Rede, mit Mietenspiegeln und ortsüblichen Vergleichsmieten.

Damals, unter Schwarz-Blau I, wurde das Richtwertsystem aber höchstens verschlimmbessert, denn die Kommission, die die Richtwerte regelmäßig evaluieren und auf ihre Plausibilitäten kontrollieren sollte, wurde kurzerhand abgeschafft. Seither werden sie nur an die Inflationsrate angepasst.

Expertengruppen scheiterten

Danach, unter rot-schwarzen Regierungen, wurde immer wieder über das Mietrecht verhandelt, mal zwischen den Fraktionen selbst, mal in einer Expertengruppe im Justizministerium. Heraus kam fast nichts, und das führte dazu, dass die SPÖ 2014 ihr "Universalmietrecht" vorstellte. Es wäre zweifellos ein "großer Wurf" gewesen, in gewisser Weise aber auch ein sanfter. Denn es hätte weiterhin Zu- und Abschläge gegeben, hier aber von einer Basismiete (anfangs bei 5,50 Euro gelegen), die für alle Mietverhältnisse gegolten hätte. Das Universalmietrecht konnte mit der ÖVP nicht umgesetzt werden, aber es wurde danach immerhin weiterverhandelt.

Bis August 2016 hatte man sich zwischen SPÖ und ÖVP auch schon auf ein paar kleinere Punkte geeinigt bzw. war auf bestem Weg dorthin: Verlängerung der Mindestbefristungsdauer von drei auf fünf Jahre, Staffelung des Befristungsabschlags nach der Laufzeit des Mietvertrags und mieterseitige Option zur einmaligen Verlängerung. Schon das hätte die Situation der Mieterinnen zweifellos verbessert. Doch die SPÖ preschte mit einem "Zwischenergebnis" vor, die ÖVP war brüskiert.

ÖVP will keinen Mietendeckel

Dass nichts weiterging, hatte aber auch einen ganz bestimmten Grund: Die ÖVP beharrte stets darauf, dass die Mieten in Neubauten unter keinen Mietendeckel kommen sollten. Die SPÖ hatte im Universalmietrecht einen "Korridor" von 20 Jahren der freien Vermietung vorgesehen, später sollte die Basismiete gelten. Das war selbst manchen Mieterschützern zu kurz, die SPÖ signalisierte aber Verhandlungsspielraum. Doch ÖVP-Bautensprecher Johann Singer betonte stets, etwa auch 2017 im STANDARD, dass er sich eine solche Obergrenze nicht vorstellen könne. Es komme dadurch zu einer Verknappung beim Angebot, weil weniger gebaut werden würde. Am Ende verteuere sich der Wohnungsmarkt nur, so seine Bedenken.

Es folgte die türkis-blaue Regierung, auch sie hatte sich eine komplette Mietrechtsreform vorgenommen. Und ein Papier mit "schnellen" Änderungen des bestehenden Mietrechts war schon auf fachlicher Ebene fertig ausverhandelt. Darin standen Punkte wie die verpflichtende Nennung der Zu- und Abschläge im Mietvertrag, ein Anreizsystem für längere Laufzeiten von Mietverträgen in Form einer bis zu zwölf Monate langen mietfreien Zeit am Ende der Laufzeit eines befristeten Vertrags, und ein "geglätteter" Lagezuschlag auch in Gründerzeitvierteln (wovon die FPÖ des Jahres 2022 wieder abgerückt ist). Doch dann kam Ibiza.

Abschlag für Gasheizung?

Und nun ist also Türkis-Grün dran. Was wollen die Grünen? Jedenfalls auch klare Obergrenzen für alle Mietverhältnisse. Ob das mit der ÖVP nun möglich sein wird, ist offen. Wo sich die beiden Parteien aber einigen können sollten, ist die Neubewertung des energetischen Zustands eines Hauses. Schon das Universalmietrecht der SPÖ sah beispielsweise Zuschläge bis zu 15 Prozent für einen guten und Abschläge bis 20 Prozent für einen schlechten thermisch-energetischen Erhaltungszustand des Gebäudes vor (gemessen am Gesamtenergieeffizienz-Faktor). Diese Idee wiederaufzugreifen und die Miethöhe also daran zu orientieren, wie nachhaltig eine Immobilie ist – mit einem Abschlag für eine Gasheizung –, wäre an sich ein Gebot der Stunde. Ebenso wie mehr Rechtssicherheit, ein vereinheitlichter Anwendungsbereich, und insgesamt mehr Verständlichkeit im Mietrecht. Die Aufgabe ist fürwahr keine leichte. (Martin Putschögl, 14.4.2022)