Zu Beginn der Corona-Pandemie, im Spätwinter und Frühling 2020, gab die chinesische Führung selbstbewusst und zuversichtlich die Parole der Nulltoleranz aus: Jeder Infektionsfall sei zu isolieren, um so das Virus gleichsam auszuhungern.

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In Schanghai muss man auf Befehl zu Hause bleiben.
Foto: AP / Chen Jianli

Die Strategie schien zu wirken – fürs Erste. Nun aber, nach mehr als zwei Jahren härtester Abschottungspolitik, erweist sich diese Strategie als kontraproduktiv, ja sogar als gescheitert. Das Virus, vor allem die Omikron-Mutation, ist einfach schneller und aggressiver in seiner Ausbreitung, als die Gegenmaßnahmen mit Isolation und Contact-Tracing jemals wirken können.

Wie aussichtslos der Kampf der chinesischen Behörden ist, zeigt der Umstand, dass sogar der rigide Lockdown in Schanghai – mit 26 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gehört diese Metropolregion zu den Top Ten weltweit – so gut wie nichts zu bewirken scheint.

Insgesamt dürften zurzeit nach Schätzungen internationaler Medien bis zu 200 Millionen Menschen in China im Lockdown gleichsam gefangen sein.

Wie das Gesicht wahren?

Für die politische Führung steht viel auf dem Spiel, hatte doch Staatschef Xi Jinping schon 2020 das Virus als "besiegt" erklärt. Das Eingeständnis eines Scheiterns ist also innen- wie außenpolitisch undenkbar.

Gleichzeitig gilt es für Peking, weiter mit harter Hand zu führen: Proteste gegen die Zero-Covid-Strategie sind noch vergleichsweise selten und verhalten; doch die immer häufiger im Internet kursierenden Videos von aufgebrachten Menschen, die ihre Verzweiflung aus den Fenstern ihrer Wohnungen herausschreien, könnten eine gewisse Eigendynamik entwickeln und zu einer Bewegung führen, die das autoritär geführte China in dieser Form wohl noch nicht kannte.

Die angespannte Lage – Soldaten und Soldatinnen patrouillieren in medizinischen Schutzanzügen durch die Straßen, sie müssen das strenge Testregime durchziehen und positive Fälle, auch ohne Symptomatik, in Massenlager abtransportieren – wird verschärft durch die Befürchtung, dass die Versorgung mit Lebensmitteln nicht mehr lange sichergestellt werden kann.

Dazu kommt die Sorge, dass die zuletzt stark gewachsene Wirtschaft aufgrund des de facto erzwungenen Konsumdämpfers im Land wieder einen Dämpfer bekommt. (Gianluca Wallisch, 13.4.2022)