Österreichische Unternehmen haben in der Vergangenheit gern die britische Limited als Gesellschaftsform genutzt.

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Keine persönliche Haftung, und das bei einem Gründungskapital von nur einem Pfund: Jahrelang nutzten auch österreichische Unternehmen die Vorteile der britischen Limited. Knapp zwei Jahre nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun aber das endgültige Aus der "österreichischen" Limited erklärt (27.01.2022, 9 Ob 74/21d).

Seit dem Brexit sind britische Limited Liability Companies (Limited) mit Hauptverwaltungssitz in Österreich demnach als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) beziehungsweise im Fall eines Alleingesellschafters als Einzelunternehmen anzusehen. In beiden Fällen kommt es zum Verlust der Rechtsfähigkeit der britischen Limited und zur persönlichen Haftung ihrer ehemaligen Gesellschafter.

Einstiger Siegeszug

Unter dem Einfluss der Niederlassungsfreiheit entwickelte sich ein Wettbewerb der europäischen Gesellschaftsrechtsformen. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner berühmten Entscheidungstrias Centros, Überseering und Inspire Art den Zuzug europäischer Rechtsformen ermöglicht. Danach erlaubt die Niederlassungsfreiheit einer ausländischen Gesellschaft, sich in einem anderen Mitgliedstaat anzusiedeln, ohne bei Grenzübertritt die Gründungsrechtsform ablegen zu müssen.

Österreichische Gründer und Start-ups sind daher nicht nur auf die nationalen Rechtsformen beschränkt, sondern können ihren Blick auch über die Grenze richten und unter den europäischen Rechtsformen ein passendes Rechtskleid für ihre Unternehmen auswählen. Diese Möglichkeit besteht auch dann, wenn sich die Geschäftstätigkeit von vornherein nur auf den österreichischen Markt beschränken soll.

Eine Zeitlang war es en vogue, diesen Blick über die Grenze in das Vereinigte Königreich zu werfen. Besonders die britische Limited war aufgrund ihrer schnellen Gründung und ihres geringen Gründungskapitals von nur einem Pfund attraktiv. Damit hatte sie gegenüber der heimischen GmbH den Vorteil eines quasi fehlenden Mindestkapitals. Gleichzeitig waren die Gesellschafter einer Limited – ähnlich wie jene der GmbH – privilegiert, weil sie nicht persönlich für Gesellschaftsverbindlichkeiten haften mussten.

Dies alles führte in Europa – und auch in Österreich – zu einem regelrechten Run auf die Limited, der spätestens mit dem Austritt des UK aus der EU sein jähes Ende gefunden hat.

Brexit als Schreckgespenst

Das Schreckgespenst des Brexits machte nämlich auch nicht vor dem Gesellschaftsrecht halt und drohte den in Österreich "ansässigen" Limiteds den Todesstoß zu versetzen. Die Anerkennung solcher Unternehmen, die sich dem Rechtskleid einer britischen Limited bedient haben, stand auf dem Spiel.

Aus diesem Grund ergriffen viele Limiteds noch im Vorfeld des Brexits über den Weg komplizierter Umgründungen (etwa unter Heranziehung grenzüberschreitender Sitzverlegungen, Verschmelzungen oder einer Einbringung des Betriebs der Limited) die Flucht in eine österreichische oder eine andere mitgliedstaatliche Rechtsform.

Der formelle Austritt des UK aus der EU erfolgte sodann mit Ablauf des 31. 1. 2020. Allerdings sah das Austrittsabkommen eine Übergangsperiode bis zum 31. 12. 2020 vor, während der das UK weiterhin als EU-Mitglied fingiert wurde. Dadurch blieb den betroffenen Limiteds mehr Zeit für die Umsetzung der vorgenannten gesellschaftsrechtlichen Anpassungen. Für die Zeit nach dieser Übergangsperiode regelte das Austrittsabkommen aber weder das Weitergelten der Niederlassungsfreiheit noch die Beibehaltung der Rechtsfähigkeit von Limiteds mit ausländischem Verwaltungssitz.

Vor diesem Hintergrund blieb die Frage offen, was mit jenen Limiteds zu geschehen hat, die im Übergangszeitraum keine gesellschaftsrechtlichen Anpassungen vorgenommen hatten. Der OGH hatte vor kurzem die Gelegenheit, über deren Schicksal zu entscheiden.

"Todesstoß" für "österreichische" Limiteds

Der OGH kam in seiner Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die britische Limited, die in Österreich den tatsächlichen Hauptverwaltungssitz (dieser entspricht – vereinfacht gesagt – dem Ort des Managements) hat und die im Übergangszeitraum gesellschaftsrechtliche Anpassungen verabsäumt hatte, aus dem Blickwinkel österreichischen Gesellschaftsrechts ihre Rechtsfähigkeit verloren hat.

Allerdings wird die Limited dadurch nicht zu einem "rechtlichen Nichts" oder einer Liquidationsgesellschaft, sondern ist durch die Brille des materiell österreichischen Gesellschaftsrechts zu beurteilen und in den Numerus clausus der österreichischen Gesellschaftsformen einzuordnen. Der OGH qualifiziert eine britische Limited bei Gesellschaftermehrheit als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR). Steht hinter der Limited nur ein Alleingesellschafter, kommt es zur unmittelbaren Zurechnung an diesen als Einzelunternehmer.

Jedenfalls kommt es zu einem Übergang sämtlicher Aktiva und Passiva der ehemaligen Limited auf die dahinterstehenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge. Dieser Wegfall der Trennung der Rechtssphären der Gesellschafter und Gesellschaft kann schwerwiegende Konsequenzen für die Gesellschafter nach sich ziehen.

Gefahren für die Gesellschafter

Besonders gravierend ist der "Einsturz" der haftungsbeschränkenden Schutzmauer. So haften die (ehemaligen) Gesellschafter für Verbindlichkeiten ihrer Limited persönlich mit ihrem ganzen Privatvermögen, was genau das Gegenteil dessen ist, was man mit einer haftungsbegrenzten Gesellschaftsform erreichen will. Können die Gesellschafter die Schulden der Limited nicht bedienen, droht die Exekution in das Privatvermögen und im Worst Case der Privatkonkurs.

Ferner sind offene Forderungen der Limited nunmehr von ihren (ehemaligen) Gesellschaftern im eigenen Name einzuklagen. Gesellschafter treten außerdem in laufende Prozesse ein.

Aus steuerlicher Sicht führt der Verlust der Eigenschaft als juristische Person gleichsam zum Verlust der Steuersubjektivität im Rahmen der Körperschaftsteuer. Der Brexit hat daher für die in Österreich "ansässige" Limited automatisch eine Liquidationsbesteuerung zur Folge. Hierbei kommt es zur Aufdeckung allfälliger stiller Reserven und einer Körperschaftsbesteuerung (25 %). Darüber hinaus ist die Liquidation auf Gesellschafterebene steuerlich als Veräußerung zu qualifizieren. Es kann daher zusätzlich zu einer Veräußerungsgewinnbesteuerung kommen.

Zurück zu den Anfängen?

Ob man die Limited im österreichischen Rechtsbestand aber tatsächlich so schnell los sein wird, ist fraglich. Denn zum einen ist eine Limited mit tatsächlichem Verwaltungssitz im UK auch nach Vollzug des Brexits uneingeschränkt als nach britischem Recht gegründete Limited und damit als rechtsfähige Gesellschaft anzuerkennen. Sie kann weiter Zweigniederlassungen – nunmehr als Drittstaat – in Österreich errichten.

Zum anderen wird derzeit eine neue Gesellschaftsrechtsform, die auf dem Grundgerüst der GmbH basiert, diskutiert. Die Diskussionen darüber laufen unter den Bannern "Austrian Limited" und "FlexCo". Auch wenn es um diese Reform gerade wieder ein wenig ruhiger geworden ist, könnte die Limited – wenn auch dieses Mal in der Form einer österreichischen Rechtsform – ihr baldiges Revival feiern. Es bleibt daher spannend im nationalen und internationalen Gesellschaftsrecht. (Johannes Mitterecker, Tamara Tomic, 16.4.2022)