Auf dem Areal des Flughafens in Klagenfurt soll eine Großkaserne errichtet werden – aber es spießt sich.

Foto: Ferdinand Neumüller

Ist es nur ein Sturm im Wasserglas, oder bereitet die ÖVP bereits ein veritables Wahlkampfthema für die Kärntner Landtagswahl im Frühjahr 2023 vor?

Es geht um ein Herzstück der Kärntner Wirtschafts- und Standortpolitik, den Flughafen Klagenfurt. 75 Prozent des Airports gehören dem Bau- und Immobilienunternehmer Franz Peter Orasch, das Land Kärnten hält 20 Prozent und die Stadt Klagenfurt fünf Prozent. Die beiden Regierungsparteien im Land, SPÖ und ÖVP, haben völlig unterschiedliche Vorstellungen für die Zukunft des Airports. Da könnte es demnächst in der Koalition ordentlich knirschen. Das ist aber nur ein Aspekt der Causa Flughafen.

Verteidigungsministerin Claudia Tanner übermittelte den Airporteigentümern jetzt in einem vertraulichen Schreiben die Bestätigung eines lukrativen Offerts: Das Ministerium erklärt sich darin bereit, auf einer für den Flughafenbetrieb nicht relevanten Fläche (zehn Hektar) eine Großkaserne (120 Millionen Euro) zu errichten, eine sogenannte Sicherheitsinsel für Krisen und Katastrophenfälle. Auf dem Flughafenareal soll zudem ein ständiger Hubschrauberstützpunkt eingerichtet werden. Es soll in Summe eine "ökologische Musterkaserne" werden, samt Photovoltaikanlage und Green-Power-Speicher. Die Kaserne werde zudem als Forschungs- und Technologiestandort für die Entwicklung alternativer Energieformen und -speicher verwendet werden. Eingerichtet werde auch ein Forschungszentrum für Drohnen, heißt es.

Hoffnung für Kärnten

Mit dieser Investition, so hofft man in der Landesregierung, könnte der Flughafen endlich – sozusagen – "Flügel bekommen". Denn die Performance blieb trotz Ankündigung des Haupteigentümers Orasch, der eine Vielzahl an Investitionen versprach und plante, bisher sehr bescheiden. Die Pandemie trieb zusätzlich die Passagierzahlen in den Keller.

Also viel Hoffnung in Kärnten, aber es spießt sich. Vordergründig geht es darum, wie mit den für das Kasernenprojekt notwendigen Flächen zu verfahren ist, zumal auch internationale Investoren in einem eigenen Projekt einsteigen sollen. Es wird verhandelt, ob die Grundstücke verkauft, verpachtet oder nur mit Baugenehmigungen versehen werden sollen, heißt es. Den Hauptknackpunkt aber liefert der für die Causa zuständige ÖVP-Landesrat Martin Gruber.

Der Koalitionspartner von SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser plädiert nämlich jetzt dafür, den seinerzeitigen Verkauf des Flughafens an Orasch wieder rückgängig zu machen, dafür eine Call-Option zu ziehen und ihn wieder zu 100 Prozent ins Land zu übertragen. Der ÖVP-Politiker spricht sich also de facto für eine "Re-Verstaatlichung" aus.

Sein Hauptargument: Der Flughafen habe sich nicht wie erwartet mit der Privatisierung entwickelt, also könnte er über die vereinbarte Call-Option wieder zurückgeholt werden. Er hat bereits ein entsprechendes Gutachten bei der Hand. "In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres hatten wir am Kärnten Airport nur rund 6.000 Passagiere, im Jahr 2021 waren es insgesamt unter 30.000. In den letzten 30 Jahren unter öffentlicher Verwaltung wurden rund 200.000 bis 500.000 Passagiere pro Jahr verzeichnet. Vom Investor und Mehrheitseigentümer haben wir uns nach großen Ankündigungen Maßnahmen und Investitionen wie bei anderen Bundesländer-Flughäfen erwartet, um vorbereitet aus der Krise zu kommen. Passiert ist wenig bis nichts. Inzwischen bestätigt auch ein Gutachten, dass die Pandemie dafür keine Ausrede mehr ist und die Call-Option gezogen werden kann", sagt Gruber im Gespräch mit dem STANDARD.

Reprivatisierung?

Als Landesaufsicht müsse er "hier ganz klar die Interessen Kärntens schützen". Es sei zudem ebenso "schwer nachzuvollziehen, dass ein privater Investor ganz offensichtlich nicht in der Lage ist, einen Flughafen besser zu betreiben als die öffentliche Hand, unter der es mehr Flüge, mehr Passagiere und mehr Investitionen gab".

Allesamt also Positionen, die eher von einem SPÖ-Politiker wie Peter Kaiser zu erwarten wären, dieser aber will am Privatkonzept und Eigentümer Orasch festhalten: "Ich halte nichts davon, die Call-Option zu ziehen und den Flughafen wieder vollständig ins Land zurückzuholen. Was wäre denn die Folge? Mit Sicherheit ein langjähriger Rechtsstreit, der das Image des Flughafens, aber auch des Landes Kärnten und der Stadt Klagenfurt massiv beschädigen und auch potenzielle Investoren abschrecken würde. Es stellt sich dann auch die Frage, inwieweit der Flugverkehr davon beeinträchtigt wird, sodass in der Folge sogar eine Fortführung des Flugbetriebes und damit auch die Bewilligungen gefährdet werden." Für das Ziehen der Call-Option bräuchte es zudem einen Plan B und ein klares Konzept, "was danach passieren soll. Das liegt aber nicht vor."

Mehrheitseigentümer Orasch lässt auf Nachfrage des STANDARD lediglich wissen: "Wir kommentieren die Vorgänge und die aktuelle Situation nicht."

Fragliche Beteiligungen

Abgesehen vom Eigentümerstreit auf Landesebene ist das Megaprojekt des Ministeriums auch aus einem anderen Aspekt bedenkenswert. Die Realisierung des Bauvorhabens soll in die Hände der Lilihill Aviation City Beteiligung GmbH (LAC) von Orasch gelegt werden. Im Brief an die Landesregierung schreibt die Ministerin, dass aus Geheimhaltungsgründen "keine Vereinbarungsentwürfe mit der Firma LAC Beteiligung GmbH zum Kauf und zur Errichtung der Kaserne und keine Vorschläge zu Kooperationsvereinbarungen mit der Firma LAC" sowie keine detaillierten Unterlagen weitergegeben werden.

Eigentümer der LAC ist die Lilihill Capital Beteiligung GmbH, diese wiederum ist an der Hydrotaurus C-Tech GmbH beteiligt, an der der Generalsekretär des Verteidigungsministeriums, Dieter Kandlhofer, 2,5 Prozent hält.

Eine Unvereinbarkeit? Kandlhofer hat auf eine entsprechende Anfrage des STANDARD an die Pressestelle verwiesen. Dort heißt es: "Was Kärnten betrifft, so befinden wir uns in einem regelmäßigen Austausch, und es gilt, die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären. Daher gibt es bzw. kann es in diesem Fall noch überhaupt keine Geschäftsbeziehungen geben, da die Gespräche und Prozesse noch laufen. Herr Kandlhofer hat auf Wunsch der zuständigen Büroleiter lediglich das Protokoll der Sitzung vom 10. 02. 2022 übernommen sowie eine koordinierende Aufgabe innegehabt."

Jetzt hängt alles von der Aufsichtsratssitzung der Landesbeteiligungsverwaltung ab, ob sie den Wunsch des ÖVP-Landesrats umsetzen will. Sollte Gruber die Call-Karte ziehen, wird die Sache in der Landesregierung, in der die SPÖ die Mehrheit hält, wohl vorerst anderwärtig entschieden. Die Sache könnte sich aber in die Länge ziehen und in den nächsten Monaten ein heißes Landesthema bleiben. Damit könnte sich die brisante Causa bereits hinein in den langsam beginnenden Wahlkampf in Kärnten verlagern. (Walter Müller, 15.4.2022)