Die am Donnerstag verkündeten Öffnungsschritte hält Niki Popper für gerechtfertigt.

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Wien – Am Donnerstag hatte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) umfassende Lockerungen der Corona-Maßnahmen verkündet. Im Gespräch mit dem Ö1-"Morgenjournal" erklärte Simulationsforscher Niki Popper am Freitag, warum die aktuelle Situation diese Öffnungsschritte zulässt und warum das dennoch kein Ende der Pandemie bedeutet. Im Hinblick auf den kommenden Herbst seien daher unbedingt Vorbereitungen auf neue Virusvarianten zu treffen, erklärte der Wissenschafter.

Anders als bei vorherigen vorübergehenden Maßnahmenlockerungen glaubt Popper nicht, dass die Öffnungsschritte diesmal zu einem sprunghaften Anstieg der Infektionszahlen führen werden. Denn anders als etwa am 5. März, als zuletzt gelockert wurde, befinde man sich nicht mehr in einer ansteigenden Infektionsdynamik. Seit mittlerweile drei Wochen beobachten die Forscher einen Rückgang.

Aktueller Immunisierungsgrad nur Momentaufnahme

Als zweiten Parameter nannte Popper den aktuellen Immunisierungsgrad, der zwischen 70 und 80 Prozent betrage. Dieser dürfe aber nicht mit einer Grundimmunisierung verwechselt werden, sondern stelle nur eine Momentaufnahme dar, betonte Popper. In Kombination mit dem nahenden Sommer sei dies eine Situation, die Öffnungen erlaube. Schließlich verwies der Wissenschafter noch auf die Situation in den Spitälern, wo es nun etwas zeitversetzt ebenfalls zu einer spürbaren Entlastung komme.

Die seit Anfang April sinkenden Testzahlen hätten aber ursächlich nichts mit dieser Entspannung zu tun, erklärte Popper. Denn die Berechnungen seien noch auf Basis der umfangreichen Testungen durchgeführt worden. Er verglich die aktuelle Situation hinsichtlich Tests mit der eines Autos, das eine Vollbremsung hinlege: "Wenn Sie stehenbleiben und sich draußen die Bäume nicht mehr bewegen, dann wissen Sie, dass Sie stehen, und brauchen dafür auch keinen Tachometer."

Vorbereitungen für Herbst treffen

Diese optimistischen Prognosen seien allerdings rein epidemiologisch zu sehen, betonte Popper. Wenn es um den medizinischen Schutz einzelner Vulnerabler gehe, so sei diese Frage getrennt davon zu betrachten. Der Forscher warnte davor, die Pandemie für beendet zu erklären, denn schon mit Ende April sinke der aktuelle Immunisierungsgrad bereits wieder merklich. Daher sei es unabdingbar, im Sommer bereits Vorbereitungen für den kommenden Herbst zu treffen.

Es gelte nun, sich auf verschiedene mögliche Szenarien vorzubereiten. Und ebenso wichtig ist es aus Sicht Poppers, bis Ende Juni jeweils passende Strategien für diese Szenarien vorzubereiten und so zu kommunizieren, dass diese für die Bevölkerung nachvollziehbar sind.

Nachschub an Wohnzimmertests

Gesundheitsministerium und die Apothekerkammer teilten indes am Freitag mit, dass im Lauf der kommenden Woche Wohnzimmertests wieder in allen Apotheken verfügbar sein sollten. Aufgrund von Lieferverzögerungen war es zuletzt zu Engpässen gekommen. (Steffen Arora, red, APA, 15.4.2022)