Das allererste von Carl Fabergé gefertigte Ei, das die Zarin am Ostermorgen 1885 überreicht bekam. Seit 2004 gehört es einer Stiftung des Oligarchen Viktor Wekselberg und gastiert derzeit bei einer Ausstellung im V&A Museum in London.

Foto: Courtesy V&A-Museum

Ob sich Arnold Schwarzenegger tatsächlich für historische Ostergeschenke des Zaren interessierte, ist nicht überliefert. Gesichert ist hingegen, dass der damalige Gouverneur Kaliforniens bei seinem Besuch in Moskau im Oktober 2010 von Wiktor Wekselberg eine Exklusivführung bekam: im Ritz-Carlton, wo der russische Oligarch – 1957 in Drohobytsch in der Oblast Lwiw geboren – seine vom berühmten russischen Goldschmied Carl Fabergé gefertigten Trophäen damals zur Schau stellte. Denn 2004 war dem Oligarchen ein Coup gelungen.

Im Mittelpunkt standen die ab 1885 für die Zarin und ab 1894 auch für die Zarenmutter raffiniert und luxuriös gestalteten Eier, die ihnen der Zar jährlich am Ostermorgen überreicht hatte. Mit der Oktoberrevolution fanden sowohl das russische Reich als auch dieser Brauch ein jähes Ende. Für die Bolschewisten waren diese Ostergaben der Inbegriff der Dekadenz. Manche Eier verschwanden, andere verkaufte die junge Sowjetrepublik an den amerikanischen Industriellen Armand Hammer im Tausch gegen Weizen und andere Produkte.

Repatriierung russischer Kunst

Das legendäre Krönungsei (1897), mittlerweile im Bestand des Fabergé-Museums (St. Petersburg), war von Sotheby's-Experten 2004 auf bis zu 24 Millionen Dollar geschätzt worden.
Foto: Sotheby’s Archiv, Fabergé-Museum

Über die Jahre gelangten die wertvollen Ostereier vereinzelt wieder auf den Markt. Bei solchen Gelegenheiten lieferten sich der Kreml und der Magazinmagnat Malcolm Forbes erbitterte Matches. Nach Forbes’ Tod entschlossen sich seine Erben, die Kollektion, die nebst einem Dutzend Eier – davon neun Zaren-Eier – noch weitere 180 erlesene Objekte aus dem Hause Fabergé umfasste, bei Sotheby’s versteigern zu lassen. Die Auktion fand nie statt, da Wekselberg die Kollektion für etwas mehr als 100 Millionen Dollar erwarb.

Der "Aluminium-Baron" (Forbes: 5,6 Milliarden US-Dollar) hatte kurz zuvor gemeinsam mit seinem Geschäftspartner einen 50-Prozent-Anteil an der Tyumen Oil Company für fast sieben Milliarden Dollar verkauft. Ein Deal, der ihm diesen und weitere Ankäufe ermöglichte, wie er später erklärte. Für solche Repatriierungen von historischen Kunstwerken ist Wekselbergs The Link of Times Foundation zuständig, die auch das 2013 – nach fünfjähriger Umbauzeit – in einem Palast in Sankt Petersburg eröffnete Fabergé-Museum betreibt.

Stiftung mit Ableger in den USA

In Brooklyn (New York) ist seit 2007 ein amerikanischer Ableger der Stiftung registriert. Spenden an diese Organisation, die sich Aktivitäten zur Förderung des Bewusstseins für die russische Kultur und des kulturellen Austauschs an die Fahnen heftet, sind steuerlich absetzbar. Zuletzt beliefen sich die Donations auf knapp 90.000 Dollar jährlich – ungeachtet der Tatsache, dass Wiktor Wekselberg bereits seit April 2018 von den US-Behörden als sanktionierte Person gelistet wird.

Laut Bloomberg soll er sich vor Geschäftsleuten und Teilen der russischen Führungselite damit gebrüstet haben, das Weiße Haus unter Donald Trump beeinflussen zu können. Als Gast seines amerikanischen Cousins, der für Trumps Amtseinführung 250.000 Dollar gespendet hatte, nahm Wekselberg auch an der Vereidigungszeremonie Trumps teil.

Nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine verhängte die US-Regierung am 11. März neue Strafen gegen Wekselberg.

Erste Beschlagnahmen

Mittlerweile ist es US-Unternehmen untersagt, mit ihm und seinen Unternehmen Geschäfte zu machen. Weiters wurden 1,5 Milliarden Dollar auf amerikanischen und Schweizer Banken eingefroren, und das FBI sowie die spanische Polizei beschlagnahmten Anfang April schließlich seine 90-Millionen-Dollar-Yacht in Palma de Mallorca.

Mitte März verhängte auch Großbritannien Sanktionen gegen Wekselberg. Als Ehrenmitglied der Wohltätigkeitsstiftung, die Spendengelder für die Tate sammelt, war er bereits zuvor geschasst worden.

Zu den von Wekselberg en bloc erworbenen Fabergé-Ostergaben gehörte auch diese von 1898: mit aus Perlen und Diamanten gefertigten Maiglöcken und Porträts der Zarenfamilie.
Foto: Sotheby’s Archiv, Fabergé-Museum

Abzuwarten bleibt, was mit jenen Exponaten passiert, die seine Stiftung dem Victoria and Albert Museum als Leihgabe für die bis 8. Mai anberaumte – und seit Wochen ausverkaufte – Ausstellung Fabergé in London: Von der Romantik zur Revolution zur Verfügung stellte, wo sie Seite an Seite mit exquisiten Beständen aus der Sammlung der Queen um die Aufmerksamkeit der Besucher buhlen. Dazu gehört neben einer Zigarrenkiste vor allem das allererste von Carl Fabergé 1885 gefertigte und mehrere Millionen Dollar wertvolle Ei: aus Gold, mit eierschalenfarbenem Email überzogenen, in dessen Inneren sich eine goldene Henne verbirgt, die einst auf goldenem Stroh gebettet war.

Sicherstellungen in Paris

In Sankt Petersburg wähnt sich das Fabergé-Museum vor einer eventuellen Beschlagnahme sicher. Für die Objekte läge ein sogenannter Letter of Comfort des britischen Ministeriums für Digitales, Kultur, Medien und Sport vor, der "Immunität und Schutz" garantiere. Allerdings datiert das Dokument vom 24. September 2021 und damit lange vor dem Angriffskrieg Russlands und den gegen Wiktor Wekselberg verhängten Sanktionen.

Im internationalen Leihverkehr sind solche Immunitätsvereinbarungen üblich, lassen jedoch insbesondere bei Objekten aus Privatbeständen und nichtstaatlichen Museen offenbar einen gewissen Spielraum, wie das aktuelle Beispiel in Paris zeigt. Dort ging am 3. April in der Fondation Louis Vuitton eine Ausstellung mit 200 Meisterwerken der Moderne zu Ende, die großteils in staatliche russische Museen zurückkehren. Jedoch beschlagnahmten französische Behörden zwei Gemälde aus Privatbesitz: Sie gehören den sanktionierten Oligarchen Pjotr Awen und Mosche Kantor. (Olga Kronsteiner, 16.4.2022)