Fotografie ist ein weltweit anerkanntes Medium der Kunst. Davon zeugen auch hierzulande öffentlich subventionierte Festivals oder Ausstellungen in Museen sowie entsprechende Ausbildungsprogramme an den Hochschulen. Den Säckelwart der Republik und seine Behörde interessiert das allerdings nur bedingt.

Rudolf Koppitz berühmte Bewegungsstudie von 1925: Laut Umsatzssteuergesetz handelt es sich dabei nicht um Kunst.
Foto: Courtesy Galerie Johannes Faber

Geht es um die Umsatzsteuer, dann müssen Künstler beim Verkauf ihrer fotografischen Arbeiten nur den reduzierten Steuersatz von 13 Prozent abführen. Nicht jedoch der Handel, für den laut Gesetz der reguläre Steuersatz von 20 Prozent anzuwenden ist. In der Praxis führt das folglich dazu, dass künstlerische Fotografie im Wiederverkauf höher besteuert wird als alle anderen Kunstgattungen.

Zur Handelsware degradiert

Steuerrechtlich werden damit Fotoarbeiten von Arnulf Rainer oder Man Ray ihres Kunststatus enthoben und zur reinen Handelsware degradiert. In der Praxis wird das von Galerien, Kunsthändlern und Auktionshäusern in Österreich unterschiedlich gehandhabt. Manche verrechnen 13, andere 20 Prozent. Dabei wurde dies 2018 höchstgerichtlich entschieden: Demnach sei "der Handel mit künstlerisch anspruchsvollen Fotografien nicht als Handel mit Kunstgegenständen zu qualifizieren" und daher mit "Fotografien im Inland erzielte Umsätze dem Normalsteuersatz" zu unterwerfen.

Hinter dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs standen Verfahren des Bundesfinanzgerichts gegen den Fotogaleristen Johannes Faber. Wie berichtet (7. 4., "Fotografie als Spielball der Politik"), kämpft er sich seit bald 20 Jahren durch die Instanzen. Vergeblich.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte eine Behandlung der Causa ab, der Gang zum Europäischen Gerichtshof bleibt verwehrt. Aus Fabers Sicht könne nur der Finanzminister ein Machtwort sprechen. Ende März übermittelte er ein Schreiben an Magnus Brunner. Eine Antwort steht aus.

Widerspruch zum Urheberrecht

Diese Form praktizierter steuerlicher Benachteiligung von künstlerischer Fotografie hält auch der Universitätsprofessor und Anwalt Alfred Noll für unsinnig, genauer für eine "planwidrige Lücke". Besonders im Abgleich mit dem Urheberrechtsgesetz: Zu "den Werken der bildenden Künste", steht dort, "gehören auch die Werke der Lichtbildkunst (Lichtbildwerke)". Damit sei offenkundig, sagt Noll, dass "der VwGH contra legem judiziert".

Auch eine Mehrwertsteuer-Richtlinie der EU von 2006 listet "vom Künstler aufgenommene Photographien" in einer Auflage von höchstens 30 Abzügen als Kunst. Demnach können Mitgliedstaaten dafür den "ermäßigten Steuersatz anwenden". Eine Option, die der Gesetzgeber ignoriert.

Causa Johannes Faber

Johannes Faber hofft auf Nachsicht, die ihm Gerichte verwehren. Die nach einer Steuerprüfung 2003 vom Finanzamt rückwirkend seit 1998 und fortlaufend verrechnete Differenz auf den Regelsteuersatz summierte sich auf mehr als 800.000 Euro. Seit einem Jahr wird seine Pension bis auf das Existenzminimum gepfändet.

Nun droht ihm das Finanzamt mit der Zwangsversteigerung seines Warenbestands. Die Ironie: Die Behörde würde dann doch vom Kunststatus profitieren. Denn Vintageabzüge von Rudolf Koppitz oder Fotogravüren von Nobuyoshi Araki spielen freilich mehr ein als herkömmliche Amateurfotos (eines Finanzbeamten). (Olga Kronsteiner, 16.4.2022)