Eine große schwarze Wand dominiert die Bühne: Jesse Inman im Bunker.

Foto: Susanne Einzenberger

In drei Jahren werden Bunker groß in Mode sein. Virtuelle Fenster in den Betonwänden erlauben dort gegen den Lagerkoller Ausblicke auf wahlweise Sonnenuntergänge am Strand oder raschelnde Bäume. Doch wie richtet man sich hier ein? Klar ist, schwere französische Landhausmöbel würden eher drücken ... Mit solchen Sorgen müssen sich jene Reichen (Etta Fusi) plagen, die sich so eine "Überlebensimmobilie" leisten können und sie sich deshalb haben andrehen lassen. Denn Pandemien, steigende Meeresspiegel, Nuklearkriege – das alles kommt, und zwar bald!

Zum Beleg der Horrorszenarien hat Makler Lucas (Jesse Inman) vage Statistiken bei der Hand. Im Sprech jener Prepper, die sich heute schon auf den Ernstfall vorbereiten, hört der Anfang vom Ende auf das Kürzel SHTF. Zusammengesetzt aus den Anfangsbuchstaben von "shit hits the fan" meint das den Moment, in dem die "Scheiße" in den Ventilator gerät und einem um die Ohren fliegt. So heißt auch der Abend im Schauspielhaus Wien.

Wie schütze ich mein Kind?

Das auf der Insel mehrfach ausgezeichnete britische Duo Kandinsky, gebildet von James Yeatman und Lauren Mooney, zeichnet für Idee, Text und Regie der Stückentwicklung verantwortlich. Das Ensemble spielt auf Deutsch und Englisch, Übersetzungen werden eingeblendet. Als Parallelstrang zum Handel mit den Bunkern etabliert sich eine Familiengeschichte: Lucas hat einen Sohn mit Alice (Vera von Gunten), die jedoch seit langem mit Josef (Ammar Haj Ahmad) zusammen ist.

Während dieser als Historiker zum Glanz des nun untergehenden Venedig in der Renaissance forscht (Wink mit dem Zaunpfahl!), hat der Bub (Clara Liepsch) in seiner drögen Rolle nicht mehr zu tun, als immer wieder am selben Kartentrick zu scheitern und Kristallisationspunkt der Panik zu sein, die Lucas Alice einredet. Sie kann nicht mehr aufhören zu googlen: Was, wenn das Wasser ausgeht? Die saubere Luft? Wie schütze ich mein Kind?

Übermäßig viel Drohmusik

Bald, und das leider nicht zu spät, passiert der Plot aber nur mehr bereits bekannte Motive. Es fehlen Biss, Tiefendrang, man hält sich lieber an mittlere Witze. Der größte szenische Einfall der 90 Minuten besteht darin, dass Requisiten hinter einem Bildschirm hevorgezogen werden, auf dem sie zuvor zu sehen sind. Auf dem Screen als virtuellem Spielraum wird auch Gemüse fürs Essen geschnippelt – bis Konserven die Notversorgung übernehmen. Übermäßig viel suggestive Drohmusik kleistert die Szenen zu. Ein recht banaler Abend über die menschengemachte Apokalypse und das Geschäft mit der Angst. (Michael Wurmitzer, 15.4.2022)