In den Videos von der Al-Aksa-Moschee, die in den frühen Morgenstunden des Freitags verschickt wurden, sind verstörende Szenen zu sehen: gläubige Muslime, mit Koran in der Hand, die versuchen, sich so gut wie möglich weiter aufs Gebet zu konzentrieren, während im Hintergrund Blendgranaten gezündet werden. Man sieht Menschen, die in Panik flüchten, weil niemand weiß, ob das, was da abgefeuert wird, scharfe Projektile oder Gummigeschoße sind. Und man sieht Blut.

Man sieht auch vermummte Palästinenser, die Molotowcocktails und Steine gegen Polizisten schleudern. Die Bilanz: über 150 Palästinenser verletzt, auch drei israelische Polizisten. Und am Ende wird jeder gewusst haben, von wem die Eskalation ausgegangen ist und wer allein damit beschäftigt war, sich selbst zu verteidigen.

Der Felsendom am Tempelberg, unweit der Al-Aksa-Moschee.

Ganz unabhängig davon, was die Fakten sind und wohin die nüchterne Analyse führt: In den sozialen Medien findet ein Krieg der Bilder statt. Dann wird es egal sein, wie die israelische Führung ihren Einsatz am Tempelberg begründet. Die Bilder vom Rauch in der Moschee, den in Panik flüchtenden Gläubigen im Gebetsraum schockieren auch jene, die nicht mit der Hamas sympathisieren. Diese spielt sich als Schutzmacht auf: Der israelische Besatzer greift unser Heiligtum an, so lautet ihre Botschaft. Sie verknüpft das mit dem Aufruf, die Moschee zu verteidigen – auch mit Gewalt. (Maria Sterkl, 15.4.2022)