Nur eine Woche nach dem Terroranschlag in Wien wurde die sogenannte Operation Luxor von Karl Nehammer, damals Innenminister, noch groß inszeniert.

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Es waren Zahlen, über die Karl Nehammer (ÖVP), damals Innenminister, gemeinsam mit einem hochrangigen Beamten seines Ressorts noch stolz auf einer Pressekonferenz dozierte. 930 Polizeibeamte starteten nur wenige Tage nach dem Terroranschlag in Wien den Zugriff im Zuge der sogenannten Operation Luxor. Es folgten dutzende Razzien gegen angebliche Muslimbrüder und Hamas-Mitglieder in Österreich. Wohnungen und Häuser wurden dabei ebenso von schwer bewaffneten Exekutivbeamten durchsucht wie Geschäfts- und Vereinsräume. Den knapp hundert Beschuldigten – teils Personen, teils Verbände – werden neben Mitgliedschaft in einer Terrororganisation auch Terrorfinanzierung und Geldwäscherei vorgeworfen. Vorangegangen waren alldem 21.000 Observationsstunden.

Monatelang wurden im Vorfeld der Razzien in großem Stil die Telefone von Beschuldigten überwacht und Gespräche abgehört. Teile aus Gesprächsprotokollen flossen später in die Hausdurchsuchungsanordnung, mit der sich die Exekutive am 9. November 2020 Zutritt in etliche Haushalte verschafft hatte. Über ein belauschtes Gespräch stießen die Ermittler auch auf jenen Mann, der als "anonymer Hinweisgeber" zu einer zentralen, wenn auch fragwürdigen Quelle der Operation Luxor avancieren sollte. Er skizzierte vor Verfassungsschützern nicht weniger als den mutmaßlichen Führungskader der Muslimbruderschaft in Österreich. Es gibt aber Zweifel daran, wie stichhaltig seine Aussagen tatsächlich waren.

Ein Konvolut mit 61 Belegen

Grundsätzlich fehlt eineinhalb Jahre nach den Razzien in der Operation Luxor noch ein erwähnenswerter Ermittlungserfolg. Dafür floss aber eine durchaus beachtliche Summe in die besagten Abhöraktionen. Diese dürften den Steuerzahler bisher mehr als eine halbe Million Euro gekostet haben, konkret 529.552 Euro.

Dem STANDARD liegen für diese Berechnung insgesamt 61 Belege für diverse Abhörmaßnahmen der Operation Luxor vor. Die ältesten Rechnungen aus jenem Konvolut wurden Anfang April 2020 an die Staatsanwaltschaft Graz gestellt, die jüngsten Mitte März 2021.

Pro ausgewerteten Überwachungstag in Bezug auf Verkehrsdaten verrechneten alle Mobilfunkanbieter gesetzlich standardisiert 6,50 Euro, für das Überwachen von Nachrichten und Anrufen 25 Euro. Die Rechnungssummen schwanken zwischen knapp mehr als tausend Euro und einem Spitzenwert von 59.483 Euro. Der Preis richtet sich erwartbar nach dem jeweiligen Aufwand, also beispielsweise nach der Anzahl der abgehörten Telefonnummern, dem Zeitraum der Aktion oder der Frage, ob etwa Standortdaten abgefragt wurden, auch Wochenend- und Feiertage werden extra verrechnet. Die einzelnen Tarife sind in der Überwachungskostenverordnung festgelegt.

Staatsanwaltschaft: "Vom Gericht bewilligt"

Die Staatsanwaltschaft Graz kann die Kosten der Telefonüberwachung auf Nachfrage nicht bestätigen. Ebenso wenig, ob der STANDARD bereits über alle Rechnungen verfügt oder ob es noch weitere gibt. Die "begehrten Recherchen" seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt "ohne unvertretbaren Aufwand" nicht möglich, lässt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft ausrichten. Auf Nachfrage bleibt ebenso offen, wie viel Geld in die optische Überwachung der Beschuldigten floss. "Nicht möglich" sei auch die Bezifferung des Personalaufwands der Justiz, die mit der Operation Luxor seit Monaten beschäftigt ist. Was die Kosten in Verfassungsschutz und Polizei anlangt, verweisen Innenministerium und Staatsanwaltschaft jeweils aufeinander.

Der Staatsanwaltschaft ist es aber wichtig zu betonen, "dass sämtliche angeordneten Überwachungen für die Ermittlungen erforderlich waren und auch vom Gericht bewilligt wurden". Allerdings erlitten die Ermittlungen zumindest hinsichtlich der Nachrichtenüberwachung bereits einen Rückschlag. Das Oberlandesgericht Graz gab den Beschwerden von fünf Beschuldigten recht und befand die Überwachungsmaßnahmen in diesen Fällen für rechtswidrig. Sämtliche schriftlichen Aufzeichnungen und Daten mussten "unwiederbringlich" vernichtet werden und sind damit unbrauchbar geworden.

Es ist nicht der erste Dämpfer für die Operation Luxor. Das Oberlandesgericht erklärte bereits im vergangenen August die Razzien bei neun Beschuldigten für rechtswidrig. Abgesehen davon stellte es einen zentralen Vorwurf in den Ermittlungen infrage, konkret das Delikt der terroristischen Vereinigung. Aufgrund der "Vielfältigkeit" der Bewegung könne nicht jeder Muslimbruder automatisch als Terrorist gelten, erklärte das Oberlandesgericht. Bisher wurde allerdings erst bei drei Beschuldigten das Verfahren eingestellt. Anklage wurde in keinem Fall erhoben. (Jan Michael Marchart, 21.4.2022)