Die Proteste fanden auch in der Hauptstadt Ankara statt.

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Ankara – In mehreren türkischen Städten haben am Samstag hunderte Menschen gegen ein drohendes Verbot der Frauenrechtsorganisation "We Will Stop Femicide" demonstriert. "Verfolgt nicht die Frauen, sondern die Mörder", riefen die Demonstranten in Istanbul. Auch Vertreter von Oppositionsparteien nahmen an den Protesten teil, die auch in der Hauptstadt Ankara stattfanden.

Staatsanwaltschaft beantragte Verbot

Nach Angaben der Generalsekretärin der Organisation, Fidan Ataselim, hat ein Staatsanwalt in Istanbul am Mittwoch das Verbot wegen "gegen das Gesetz und die Moral" verstoßender Tätigkeiten beantragt. Die erste Anhörung soll am 1. Juni stattfinden. Die Organisation setzt sich seit Jahren für die Frauenrechte in der Türkei ein und dokumentiert Femizide.

Angestoßen wurde das Verfahren demnach durch Beschwerden von Einzelpersonen. Sie werfen der Organisation unter anderem vor, "die Familie unter dem Vorwand der Verteidigung von Frauenrechten zu zerstören". Die Organisation geht nach Angaben von Ataselim davon aus, dass das Verfahren "Teil einer Abschreckungspolitik" sei. "Sie können unseren Kampf nicht sabotieren. Unsere Entschlossenheit wird dadurch sogar noch größer", sagte die Aktivistin.

Mehrere Demonstrationen

Die Organisation hatte unter anderem mehrere Demonstrationen gegen den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention organisiert. Ankara hatte sich im vergangenen Jahr aus dem internationalen Übereinkommen zum Schutz von Frauen vor Gewalt zurückgezogen. Die Regierung begründete den Schritt damit, die Konvention schade der Einheit der Familie und fördere Scheidungen sowie Homosexualität.

Der Organisation zufolge wurden im Jahr 2021 in der Türkei 280 Frauen getötet. Hinzu kämen 217 nicht eindeutig geklärte Todesfälle von Frauen. (APA, 174.2022)