Der Akku von Theion könnte – wenn die Entwicklung hält, was sie verspricht – auch E-Autos preislich in Schlagdistanz zu Verbrennern bringen.

Foto: Unsplash/Chuttersnap

Auch wenn Elektroautos in den vergangenen Jahren viel Boden auf "Benziner" gutgemacht haben, gibt es – abseits des Preises – immer noch zwei Kernaspekte, in denen sie in der Regel nachhinken. Reichweite und Ladedauer. Immer mehr E-Pkws schaffen zwar zumindest am Papier rund 500 Kilometer mit einer vollen Akkuladung, was für den Alltagseinsatz üblicherweise ausreicht. Doch bei Fernfahrten gewinnen nach wie vor Fahrzeuge, die zum Schaden des Klimas auf fossile Brennstoffe setzen.

Eine Lösung für dieses Defizit verheißt das deutsche Start-up Theion, wie Forbes Anfang April berichtete. Der Einsatz von Schwefel soll dabei aber nicht nur das Reichweitenproblem lösen.

Schwefel statt Konfliktmineralien

Seit bald einem Jahrzehnt widmet man sich der Forschung an einem Feststoff-Akku (Solid State Battery), der dank Schwefel eine Verdreifachung der Reichweite in Aussicht stellt. Das Mineral soll eine ähnliche Energiedichte bieten, wie sie bisherige "NMC 811"-Kathoden gewährleisten. Diese tragen diesen Namen, weil sie zu 80 Prozent aus Nickel und zu je 10 Prozent aus Mangan und Kobalt bestehen. Im Gegensatz zu diesen Materialien ist Schwefel nicht nur häufiger anzutreffen – sowohl in Reinform, als auch als Teil von Mineralien -, sondern auch einfacher zu gewinnen. Damit nimmt man insbesondere Nickel und Kobalt aus der Gleichung, deren Gewinnung mitunter in Zusammenhang mit gefährlichen Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und anderen Formen der Ausbeutung gebracht wird.

Verzichten soll die Akkutechnologie von Theion auch auf Kupfer und Aluminium. Hier setzt man stattdessen auf Graphen. "Alles, was wir in unseren Zellen haben, ist eine Lithium-Metallfolie, Schwefel und Kohlenstoff", zitiert Forbes CEO Ulrich Ehmes. Der Schwefel muss, um genutzt werden zu können, zuerst kristallisiert werden. Der Energieaufwand dafür hält sich laut der Firma jedoch in Grenzen, da für die benötigten Eigenschaften eine Temperatur von 112 Grad Celsius ausreicht.

Gewagte Ziele

Der "Schwefelakku" soll nicht nur die Energiedichte in Bezug auf das Gewicht deutlich steigern, sondern auch in Bezug auf den Platzverbrauch. Beides sind limitierende Faktoren für weitere Distanzsteigerungen bei E-Autos. Mit einem größeren Akku lässt sich zwar mehr Kapazität schaffen, die aber durch das höhere Gewicht wieder beeinträchtigt wird, da mehr Energieaufwand für die Bewegung des Fahrzeugs aufgebracht werden muss. Gleichzeitig lässt sich auch der Platz für den Akku nicht endlos steigern.

Laut Theion erreicht man mit Lithium-Schwefel bereits Energiedichten von 500 Wh/kg bzw. 800 Wh/l. Bis 2024 will man dies auf 1.000 Wh/kg bzw. 1.200 Wh/l steigern. Ein solcher Akku wäre bei dreifacher Reichweite gut ein Viertel leichter und bräuchte nur ein Drittel des Platzes als jener in der Long Range-Variante des aktuellen Tesla 3. Zudem soll die Schwefelbatterie mit 2.000 Ladezyklen auch langlebiger sein im Vergleich mit Lithium-Ionen-Zellen, bei denen üblicherweise Werte von 1.000 bis 1.500 Ladezyklen angegeben werden. Für 2025 plant das Unternehmen die vierte Generation seiner Technologie, mit der die Energiedichte nach Gewicht zwar auf 900 Wh/kg sinken, aber in Bezug auf das Volumen auf 1.500 Wh/l steigen soll.

Das ist eine durchaus gewagte Ansage, die man natürlich mit Vorsicht genießen sollte. So wird zum Beispiel beim E-Auto-Konzern Tesla an Lithium-Ionen-Akkus mit Trockenelektroden geforscht. 2020 von Electrek veröffentlichte Grafiken des dafür übernommenen Akkuspezialisten Maxwell prognostizieren ein Erreichen der 500 Wh/kg-Schwelle in rund fünf Jahren.

Raumfahrt, Smartphones, Autos

Neben den Kapazitätsvorteilen sollen die Schwefelakkus auch billiger herstellbar sein, da sowohl der notwendige Energieaufwand geringer ist und die Materialien weniger kosten. Als Ziel gibt man einen Preis von 30 Euro pro Kilowattstunde an, was circa einem Drittel der aktuellen Kosten entsprechen soll. Weil der Akku einer der größten Kostenstellen für elektrische Fahrzeuge ist, könnten sie so auch preislich in Schlagdistanz zu Verbrennern kommen.

Autohersteller werden allerdings nicht die ersten Kunden von Theion sein. "Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit der Raumfahrtindustrie", heißt es aus dem Unternehmen. In weiterer Folge will man Akkus für Flugtaxis entwickeln, gefolgt von mobilen Geräten wie Laptops, Smartphones und Wearables. E-Autos seien aber auf der Roadmap und die Produktion so gestaltet, dass man sie für den Bedarf der Fahrzeugbranche hochskalieren kann. (gpi, 18.4.22)