Sankt Veit an der Glan, Beverly Hills, Schwechat: Es geht aufwärts. Starkoch Wolfgang Puck eröffnete in der Osterwoche in der Ankunftshalle am Terminal 3 am Flughafen Wien ein Lokal: Wolfgang Puck Kitchen & Bar heißt der Betrieb, in dem man gut essen, teuer trinken und dabei Sport schauen kann. Die Amerikaner mögen das, sagt der Restaurantleiter. Wolfgang Puck findet in Österreichs Medien in der Regel ein Mal pro Jahr Erwähnung. Wenn die Oscars verliehen werden, taucht sein von der kalifornischen Sonne gut gegerbtes Gesicht samt perfekt weißer Zahnreihe regelmäßig auf, ist er doch der offizielle Caterer des renommierten Governors Ball der Academy Awards.

Außenansicht von "Wolfgang Puck Kitchen & Bar".
Foto: Heribert Corn/www.corn.at

Mit 24 Jahren, 1973, zog Puck nach einigen Stationen in Frankreich in die USA und wurde zwei Jahre später Chefkoch und Miteigentümer des Ma Maison in Los Angeles. Dort entwickelte er eine Küche, die "California nouvelle" genannte wurde: französische Küche mit kalifornischen Produkten. Die Celebritys kamen in Massen. Hollywood hatte sein Spitzenrestaurant – und ein Kärntner zeichnete dafür verantwortlich. Österreich war wieder wer, zumindest in Kärnten. Puck brachte den Amerikanern die französische Küche bei, sein erstes Kochbuch Modern French Cooking for the American Kitchen ging durch die Decke. 1982 verließ er das Ma Maison und sperrte sein Spago am Sunset Strip in West Hollywood auf – der Beginn seiner großen Karriere und der Anfang einer Kette von Spagos "all around the world".

Kreativ mit Räucherlachs

Wie jeder Starkoch von Format hat auch Wolfgang Puck ein für ihn typisches Gericht, ein sogenanntes Signature Dish: eine blind gebackene, heiße Sauerteigpizza, die mit kühler Dill-Crème-fraîche bestrichen, mit gebeiztem Räucherlachs belegt und mit Schnittlauch und Kaviar ganz nach Geldbeutel veredelt wird – voilà, Wolfgang Pucks Smoked Salmon Pizza. Im Jahr 1982 galt das als ziemlich kreativ. Puck ist der Legende nach der erste Chef, der die Pizza gourmettauglich gemacht und einen nicht abebbenden Trend damit ausgelöst hat. Aber auch die zu den Gästen offenen Schauküchen gingen auf sein Konto. Beides bekommt man nun auch in Schwechat am Flughafen. Wer also eine Zeitreise machen möchte – das Kitchen & Bar in der Ankunftshalle 3 bietet sich an.

Das neue Lokal von Wolfgang Puck am Flughafen Wien-Schwechat.
Foto: Heribert Corn/www.corn.at

Ob sich Wiens Celebritys regelmäßig in den Terminal 3 begeben werden, wird man sehen. Bei einem Besuch des Lokals bot sich das dort übliche Bild. Wartende Menschen mit gelangweilten Gesichtern – und soeben angekommene Passagiere, welche die Halle rasch mit ihren Trolleys verlassen. Man hoffe auf Gäste der beiden Flughafenhotels, sagt ein Mitarbeiter des Kitchen & Bar. Die golden leuchtenden Eingänge in die unterschiedlichen Lokalbereiche Restaurant, Bar, Take-away sind schon sehr Hollywood, suggerieren Startum, Glitzer und Glamour. Dahinter eröffnet sich im Restaurantbereich eine zeitlos wie mutlos gestaltete Kantine, man fragt sich, wo man sich zur Essensausgabe anstellen soll. Doch keine Sorge, es wird zum Tisch geführt, der Mann vom Service stellt sich mit seinem Namen und seiner Funktion vor und bietet sogleich eine Karaffe Wasser an.

In Wolfgang Pucks Restaurant am Flughafen Wien schmeckt nicht alles so gut wie die Räucherlachspizza ...
Foto: Heribert Corn/www.corn.at

Der kantinenartige Bereich ist nur für Servicekräfte zu betreten, dahinter sieht man eine Heerschar an Köchen auf Bestellungen warten. Die Leuchten suggerieren ein wenig Art déco, sollen womöglich an alte Kaffeehäuser erinnern. Die gerahmten Schwarz-Weiß-Fotos an der Wand wirken jedoch eher wie Ikea. Je nachdem, wie man sitzt, blickt man zu den Köchen in der Küche, zu den Wartenden in der Halle oder hinüber zur Bar, wo auf großen Flatscreens Sportübertragungen laufen und ein paar Gäste an einem Craftbeer nuckeln.

Das Speisenangebot spannt einen Bogen von Pucks Spago-Klassikern hin zu Gerichten, die ausländische Touristen in Österreich auf jeden Fall einmal gegessen haben müssen, wie Gulasch mit Serviettenknödel (22,50 Euro), Wiener- oder Schweinsschnitzel (24,50/16,90 Euro) mit Erdäpfel-Gurken-Salat oder einen Wiener Apfelstrudel mit Schlagobers (7,50 Euro). Unter den kalifornisch anmutenden Vorspeisen wie Caesar Salad (8,50 Euro) oder Crispy Calamari (18 Euro) tut sich ein weiteres Signature-Dish hervor: zwei knusprige Sesam-Miso-Stanitzel, gefüllt mit kühlem, perfekt abgeschmecktem Thunfischtatar, eingelegtem Ingwer, Chili-Aioli und Masago (13 Euro). In dieser Petitesse trifft sich die kulinarische Welt und zeigt, was gemeinsam möglich ist. Ein tolles Gericht, in Textur wie Aromatik, so dürfte es weitergehen, tut es aber nicht.

... und die Crème brûlée.
Foto: Heribert Corn/www.corn.at

Der Pastrami-Sandwich mit Fontina und Thousand-Island-Dressing (15,50 Euro) überzeugt nicht restlos, ist eher pampig denn saftig. Diesem Gericht fehlt all das, was das Thunfischtatar auszeichnet. Ebenso deutlich in die Jahre gekommen scheint ein echter Puck-Klassiker zu sein. Der Chinois Chicken Salad (14,50 Euro), ein einfach viel zu großer Haufen asiatisch marinierter, kleingerupfter Salate (Chinakohl, Romanasalat, Erbsenschoten), versehen mit ein paar dünnen Scheiben kühler Hühnerbrust und Cashewnüssen. Nett darin die knusprigen Streifen gebackenen aus Tempurateig, aber kein Grund, diesen Haufen aufzuessen. Vielleicht wurde das Abschmecken vergessen.

Köstlich: die berühmten Tuna-Cones, kleine, mit Thunfischtatar gefüllte Stanitzel.
Foto: Heribert Corn/www.corn.at

Große Freude bereitet dann die Smoked Salmon Pizza mit Keta-Kaviar (22,50 Euro), die man auch mit Black-Imperial-Kaviar ordern kann (+17 Euro). Der langsam und kalt geführte Pizzasauerteig schlicht perfekt, die Dillcreme angenehm dezent und auch der Lachs nur leicht geräuchert und von schön wachsähnlicher Konsistenz, immer wieder aufblitzend ein paar Keta-Kaviar-Perlen und die Süße roter Zwiebeln. In sich stimmig, unaufdringlich und sich einschmeichelnd. Zur Auswahl stehen weitere sechs Pizzas, interessant bestimmt jene mit Bauernbratwurst und gerösteten Paprikaschoten.

Sehr gut waren die Kärntner Kasnudeln mit gerösteten Haselnüssen, brauner Butter und knusprigem Salbei (19 Euro). Dicke Nudeln, schön gekrendelt, die Fülle ganz klassisch mit Kärntner Minze – ein Teller für Hungrige. Es gibt auf der Karte aber auch Rigatoni bolognese und Spaghetti Pomodoro für die ganz Verwegenen. Ausgezeichnet dann die Crème brûlee mit frischen Beeren (6,50 Euro): nichts Überraschendes auf diesem Teller, einfach eine perfekte Crème brûlée als Abschluss.

Nonlineare Weinkarte

Der Tee ist von Demmer, der Kaffee von Julius Meinl (hervorragender Espresso!), und das Weinangebot ist recht interessant kalkuliert, weil nonlinear: So kostet ein Achterl Veltliner Lion von Sohm & Kracher aus Niederösterreich 7,50 Euro, ein Vierterl hingegen nur 10,50 Euro, und wer drei Viertel, also eine Bouteille, ordert, zahlt nur noch 29 Euro dafür. Der Trend geht, ganz amerikanisch, zum größeren Gebinde. Von Wolfgang Puck aus Kalifornien kommen zwei Weiß- und zwei Rotweine – Chardonnay, Sauvignon blanc, Pinot noir und Cabernet sind offen zu haben. Man kann aber auch ein Glas Veltliner Smaragd von FX Pichler Steinertal 2015 oder einen Riesling Loibner Loibenberg 2015, ebenso von FX Pichler, genießen. Toll, dass es diese Weine hier glasweise gibt – das Achtel fast zum Preis einer Flasche GV Lion von Sohm & Kracher.

Und wer beim Sportschauen an der Bar gern an einem Cocktail nippt, kann sich einen Barrel Aged Negroni oder Barrel Aged Old Fa shioned für sehr moderne 17 bzw. 16 Euro mixen lassen, aber auch ein simpler Tom Collins macht um 18 Euro Freude, zumindest bei Besserverdienern. Frühstück gibt es auch, Shakshuka, French Toast oder ein Wiener Frühstück gestalten das morgendliche Warten auf einen Passagier angenehmer und sind womöglich ein Grund, ein bisserl früher zum Flughafen zu fahren. Und sollte der Flug Verspätung haben – halb so wild, die Lachspizza macht wirklich Freude. (Gregor Fauma, 20.4.2022)