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Schon länger liefern die USA der Ukraine Waffen. Nun sollen sie schneller ankommen.

Foto: AP/Mauricio Campino

Während in Deutschland seit Wochen über die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine diskutiert wird, erhöhen die USA angesichts der dramatischen Lage vor Ort massiv das Tempo ihrer militärischen Hilfe. Es gebe ein "Bewusstsein für die Dringlichkeit", betonte Pentagon-Sprecher John Kirby. Die Biden-Regierung hat nach Angaben von Kirby nicht nur "in Rekordgeschwindigkeit" Teile der erst am vergangenen Mittwoch zugesagten neuerlichen Militärhilfe von 800 Millionen Dollar in die Ukraine gebracht. Sie will auch "in den nächsten Tagen" mit der Schulung ukrainischer Soldaten insbesondere an der erstmals gelieferten Feldhaubitze des Kalibers 155 mm beginnen. Diese Artilleriegeschütze sind den ukrainischen Streitkräften neu. "Wir glauben nicht, dass es lange dauern wird, sie zur Nutzung zu befähigen", so Kirby.

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs Ende Februar hat die Biden-Regierung Militärgüter im Wert von insgesamt 2,5 Milliarden Dollar an die Ukraine geliefert oder in Aussicht gestellt. Anfangs dominierten Flugabwehr- und Panzerabwehrraketen. Das letzte Paket im Umfang von 800 Millionen Dollar umfasste unter anderem 18 Feldhaubitzen mit 40.000 Artilleriegeschoßen, 300 unbemannte Drohnen vom Typ Switchblade, 300 gepanzerte Allzweckfahrzeuge und Transporter sowie elf Hubschrauber russischer Bauart vom Typ Mi-17. Biden hatte die Hilfe am vorigen Mittwoch angekündigt. Nach Angaben des Pentagon landete bereits 48 Stunden später das erste Flugzeug mit Waffen in der Region. Über das Osterwochenende gab es fünf weitere Flüge.

Politisch heikel

Die Bereitstellung der Haubitzen, die GPS-gelenkte Projektile bis zu 40 Kilometer weit verschießen können, ist nach Einschätzung von Experten die bislang politisch heikelste US-Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine. Moskau hat Washington nach einem Bericht der New York Times am Freitag ausdrücklich aufgefordert, die Lieferung schwerer Waffen einzustellen, und mit "unvorhersehbaren Reaktionen" gedroht. Präsident Joe Biden will sich davon nicht beeindrucken lassen. Allerdings wertete das konservative Wall Street Journal das Fehlen der von Kiew gewünschten Mehrfachraketenwerfer in dem Paket als ein Zurückweichen vor Moskau.

Neues Terrain betritt die US-Regierung auch mit der angekündigten Ausbildung ukrainischer Soldaten. Die 200 Angehörigen einer Trainingsmission der National Guard in der Ukraine waren wenige Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine abgezogen worden. Seither wurden nur etwa ein Dutzend ukrainische Soldaten, die sich im Rahmen eines Austauschprogramms ohnehin in den USA befanden, an der mobilen "Kamikaze-Drohne" Switchblade ausgebildet, die in einem Rucksack transportiert werden und nach dem Start länger über einem Ziel kreisen kann, bevor sie dieses mit ihrem Absturz und der Explosion zerstört.

Die Ausbildung an der Feldhaubitze soll nach Angaben des Pentagon außerhalb der Ukraine erfolgen. Man wolle eine "kleine Zahl" ukrainischer Soldaten befähigen, ihrerseits die Bedienung der Waffe zu lehren, erläuterte Sprecher Kirby. Er betonte auch die Bedeutung dieser Waffen: Im offenen Terrain des Donbass-Gebiets komme einer schlagkräftigen Artillerie eine große Bedeutung zu.

Scholz in der Kritik

Deutschlands Kanzler Olaf Scholz kündigte am Dienstag nach einer Videokonferenz mit Biden und anderen Staats- und Regierungschefs an, dass man sich bei der Lieferung von Militärmaterial eng abstimme. Dabei verwies er darauf, dass etwa die USA und die Niederlande Artillerie an die Ukraine lieferten. Von einer direkten Lieferung schwerer Waffen aus Deutschland an die Ukraine sprach Scholz jedoch nicht.

Die Unionsfraktion im Bundestag hatte zuvor Kritik an der Regierung geübt. "Wann wird ihm (Scholz) klar, dass Führung nicht in der wortlosen Weigerung besteht?", fragte Unions-Fraktionsvize Johann Wadepuhl.

SPD-Chefin Saskia Esken verteidigte das Vorgehen der Regierung. So habe die Bundesregierung die Lieferung tschechischer Panzer aus den Beständen der NVA (Nationale Volksarmee der DDR, Anm.) an die Ukraine genehmigt. Die Bundeswehr könne keine Waffen mehr entbehren. (Karl Doemens aus Washington, Birgit Baumann aus Berlin, 19.4.2022)