Das Skigebiet am Pitztaler Gletscher (im Bild) sollte gemäß den Plänen mit jenem im benachbarten Ötztal verbunden werden.

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Am kommenden Freitag wird die Bürgerinitiative Feldring der Tiroler Landesregierung 168.000 Unterschriften übergeben, die gegen die geplante Verbindung der Gletscherskigebiete im Ötz- und im Pitztal gesammelt wurden. Rund 18 Meter lang wird diese Liste sein, kündigte Initiativensprecher Gerd Estermann an. Die Naturschützer wollen die sogenannte Gletscher-Ehe unbedingt verhindern und verweisen diesbezüglich auf die massiven Eingriffe in die sensible Umwelt, die dafür nötig wären.

Mittlerweile scheint es auch wirtschaftliche Bedenken gegen das Seilbahnprojekt zu geben. Denn aufseiten des Pitztals, wo man den Großteil der Projektkosten tragen müsste, fehlte zuletzt ein echtes Bekenntnis zu dem Projekt. Während der Corona-Pandemie hatten die Pitztaler Bergbahnen um einen weiteren Aufschub angesucht.

"Projekt noch nicht zu Grabe getragen"

Auf der anderen Seite des Berges, im Ötztal, bekräftigen hingegen sowohl Gemeinde als auch Bergbahnen Sölden, weiter hinter dem Vorhaben zu stehen. "Das Projekt ist noch nicht zu Grabe getragen", sagte Bürgermeister Ernst Schöpf (ÖVP). Wobei man im Ötztal durch den Zusammenschluss vor allem auf mehr Pistenkilometer hofft, ohne selbst viel Geld investieren zu müssen.

Aus fachlicher Sicht glaubt Tirols Landesumweltanwalt Walter Tschon nicht mehr an eine Realisierung des Zusammenschlusses. Die ursprünglich für Anfang 2020 anberaumte mündliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) war zuletzt vertagt worden. Aktuell ist die UVP ruhend gestellt, aber nicht abgeschlossen worden. Insgesamt seien derzeit tirolweit sechs ähnliche Verfahren zu Skigebietzusammenschlüssen anhängig, sagt Tschon. Für umsetzbar hält er keines davon: "Zusammenschlüsse sind nicht mehr zukunftsfähig." Das gelte auch und vor allem für die Verbindung Ötztal–Pitztal.

Moratorium gefordert

Die Bürgerinitiative hält das Projekt ebenfalls für überholt, wie Estermann am Mittwoch erklärte: "Dort, wo auf den Plänen von 2016 noch Gletscherskipisten eingezeichnet sind, ist heute durch das Fortschreiten der Eisschmelze bereits blanker Fels."

Doch die Umweltschützer wollen mehr als nur die Gletscher-Ehe verhindern. Mithilfe der oppositionellen Liste Fritz soll ein fünfjähriges Moratorium für Skigebietserweiterungen und -zusammenschlüsse durchgesetzt werden. Man beruft sich bei dieser Forderung auf die berühmte "Nachdenkpause", die der damalige ÖVP-Obmann und spätere Landeshauptmann Wendelin Weingartner dem Tiroler Tourismus 1991 verordnet hatte. Gletscher seien nicht die Weizenfelder Tirols, die man beliebig abernten könne, so Weingartner damals.

Koalition gegen Pause

Die damalige Pause dauerte nur drei Jahre, danach wurde mehr gebaut als je zuvor. Im Mai-Landtag wird der Dringlichkeitsantrag zum Moratorium behandelt werden. Doch die Chancen auf Erfolg stehen eher schlecht. Denn die ÖVP wird dem nicht zustimmen. Landeshauptmann und Tourismusreferent Günther Platter (ÖVP) verwies, darauf angesprochen, auf den "Rahmen", den man zu diesem Thema in der Koalition mit den Grünen "abgesteckt" habe. Dabei bleibe es.

Seine Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) bekannte sich 2016 noch zu Weingartners Idee und meinte damals: "Ich glaube, wir leben in Zeiten, wo Nachdenkpausen nottun." Heute ist sie jedoch auf Linie des Koalitionspartners und sagt zum geforderten Moratorium: "Ich bekenne mich zu mutigem Naturschutz, nicht zu einem Moratorium, das sich nicht umsetzen lässt." Felipe betonte, dass es ihrer Meinung nach rechtlich nicht möglich sei, ein solches Moratorium zu implementieren und Unternehmern solche Pläne zu verbieten.

Landesumweltanwalt Tschon hält auch wenig von einem Moratorium, weil es zu unverbindlich wäre. Ihm sind konkrete Gesetze und Beschlüsse für einen "absoluten Gletscherschutz" lieber. Für Skigebiete hält Tschon gesetzliche Vorgaben zur räumlichen Begrenzung für zielführender, weil damit von vornherein der Rahmen abgesteckt würde, in dem die Betreiber planen können. (Steffen Arora, 19.4.2022)