Die Thirsty Eyes spielen guten alten Joe-No-Goodnik-Rock-’n’-Roll unter besonderer Berücksichtigung von betrunkenem Country, bösem Blues und dem Huhn in der Popgeschichte.

Foto: Xenia Snapiro

Es muss Mitte oder Ende der 1980er-Jahre oder auch ein paar schlimme Hangovers und Familienpackungen Aspirin später gewesen sein. Die Vorgruppe fing im Wiener U4 jedenfalls meistens um halb zwei Uhr früh an.

Nach der Hauptattraktion der Nacht konnte man sich nach einem kräftigen späten Abendessen immer noch entscheiden, ob man gleich in die Arbeit oder zu "Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens" um acht Uhr in der Früh auf die Uni fährt – oder sich doch lieber auf dem Nachhauseweg mittels des verbliebenen Kurzzeitgedächtnisses an die gerade gesehenen Konzerte zu erinnern versucht.

In diese Zeit, in der auf der Bühne ausgemergelte junge Männer aus Australien, sprich der erweiterte Freundes- und Bekanntenkreis von Nick Cave, gern ihre zerschlissenen Dritte-Hand-Anzüge mit einem Cold Turkey vollschwitzten, hätten auch gut die aus Wien kommenden Thirsty Eyes gepasst. Und zwar wie die Faust aufs Auge.

Thirsty Eyes

Immerhin scheinen die Songs ihres nach diversen Problemen mit mehrjähriger Verspätung doch noch erschienenen Debütalbums A Certain Regard (Haldern Pop) stilistisch fest in jener Tradition verankert, in der man in den 1980ern einige klassischen Stile aus dem Bereich Musik für wilde Hunde zusammenführte. Die Thirsty Eyes stehen dabei mit Songs wie der zünftigen Polka Slothchild als Album-Opener oder einem an die Bad Seeds vor der Yoga-Phase erinnernden Song namens Pop Sent in großen Schuhen.

Vandalismus und Musik

Diese Musik fand immer unter Berücksichtigung eines düsteren, bedrohlichen und dreckigen Blues aus dem Süden statt. Den von den Musikschullehrern dieser Welt gern praktizierten, geschnäuzten und gekampelten Zwölftakter namens Chicago-Blues mit seinen endlosen Gitarrensoli muss man natürlich ablehnen. Dazu gesellte sich neben der Spur gespielter und mit vandalistischem Rockabilly befeuerter Country, wie er etwa einst von Hasil Adkins mit einer Flasche Schwarzgebranntem intus in den Wäldern von West Virginia praktiziert wurde.

Thirsty Eyes

Hasil Adkins sang gern über Hühner. Auch die Thirsty Eyes haben so ein Stück im Gepäck. Chickenbeat mit seinen verhallten Surfgitarren und angezogenem Tempo kann man glänzend zur Untermalung von nächtlichen Verfolgungsjagden mit der Verkehrsstreife verwenden. Die finden statt, weil der Fahrer des vorderen Wagens spürt, dass er heute nicht mehr genug Luft hat, um in die Röhre zu blasen beziehungsweise diese mit dem Mund zu treffen.

Honolulu Homicide erweist Alan Vega von Suicide mit einem klassischen und einfach gestrickten, nach vorn treibenden Rock-’n’-Roll-Riff die Ehre. 838 ist klassischer Shake-it-Baby-Sixties-Rock. Dazu gesellen sich noch Verbeugungen vor Hausgöttern wie The Stooges. Wir sehen schon, diese Leute haben gute Plattensammlungen. Für immer nie gescheit. (Christian Schachinger, 20.4.2022)