Israelische Sicherheitskräfte eskortieren eine Gruppe religiöser jüdischer Männer und Frauen während ihres Besuchs auf dem Tempelberg.

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Jerusalem – Polizeikräfte haben am Mittwoch einen umstrittenen Flaggenmarsch nationalistischer Israelis in Jerusalem gestoppt. Kurz nach Beginn des Marsches wurden rechte Demonstranten durch eine Polizeiblockade aufgehalten, es kam zu Schubsereien. Militante Palästinenserorganisationen im Gazastreifen hatten zuvor scharfe Warnungen ausgesprochen. Man habe "den Finger am Abzug", hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Ähnlich wie im Vorjahr

Die Polizei hatte den Marsch, der entlang der Mauern der Jerusalemer Altstadt führen sollte, aus Sicherheitsgründen verboten. Im vergangenen Jahr hatte die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas am 10. Mai während eines ähnlichen Marsches Raketen auf Jerusalem gefeuert. Israel griff daraufhin Ziele in dem Küstengebiet an. Während eines elftägigen Konflikts wurden damals 255 Palästinenser getötet. In Israel starben 14 Menschen an den Folgen.

Auch der rechtsgerichtete Abgeordnete Itamar Ben Gvir war Teilnehmer des Marsches. Regierungschef Naftali Bennett hatte vorher angeordnet, Ben Gvir daran zu hindern, zum Damaskustor zu gelangen, das in die Altstadt Jerusalems führt. "Ich werde nicht zulassen, dass kleine Politik Menschenleben gefährdet", sagte Bennett.

Terrorwelle

Die Lage in Jerusalem war zuletzt wieder extrem angespannt. In den vergangenen Tagen war es auf dem Tempelberg zu Zusammenstößen von Palästinensern mit israelischen Sicherheitskräften gekommen. Dabei gab es zahlreiche Verletzte. Die Auseinandersetzungen verschärften die Spannungen nach einer Terrorwelle in den vergangenen Wochen weiter.

Der Tempelberg (Al-Haram al-Sharif) mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen.

Marsch als Provokation

Ziel des Marsches war es nun, gegen gewalttätige Angriffe auf Juden in Jerusalem in den letzten Tagen zu protestieren. Palästinenser hatten etwa Busse auf dem Weg zur Altstadt mit Steinen beworfen, und gläubige Juden waren auf dem Weg zur Klagemauer geschlagen worden.

Palästinenser sehen den Marsch, der auch durch den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems führen sollte, als Provokation. Israel hatte im Sechstagekrieg 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen eigenen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.(APA, red, 20.4.2022)