Öl- und Gasheizungen sollen nun schon ab 2023 – statt wie im Regierungsprogramm vereinbart 2025 – nicht mehr in Neubauten erlaubt sein.

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Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und seine Folgen sorgen offenbar dort für Bewegung, wo sonst oft Stillstand herrscht: Österreichs Klimapolitik könnte schon bald um eine Gesetzesnovelle reicher werden. Das legt ein geleakter Entwurf zum Erneuerbaren Wärmegesetz (EWG) nahe, über den die "Kronen Zeitung" am Mittwoch online erstmals berichtete. Das Papier liegt auch dem STANDARD vor. Demnach sollen Gasheizungen im Neubau bereits ab 2023 – statt wie geplant ab 2025 – verboten werden. Ausgenommen sind bis zum 1. Jänner genehmigte Einbauten.

Zudem sieht der Entwurf vor, dass alle Gasheizungen bis spätestens 2040 durch klimafreundlichere Alternativen ersetzt werden müssen. Ab 2023 dürfen kaputte zentrale Öl- und Kohleheizungen nicht mehr durch solche ersetzt werden. Wie weit der Ausstieg aus fossilen gelungen ist, soll die zuständige Ministerin, Leonore Gewessler (Grüne), ab 2024 alle drei Jahre evaluieren lassen, heißt es in dem Dokument weiter.

Im Klimaschutzministerium dementiert man die Pläne nicht. Auf Nachfrage hieß es: Bei dem vorliegenden Dokument handle es sich um einen Entwurf, der noch in Verhandlung sei. Dem Vernehmen nach soll das Papier bereits den Ländern übermittelt worden sein.

Ganz anders sieht es beim ebenso ausständigen Klimaschutzgesetz (KSG) aus. Gut ein Jahr ist es her, dass ein Entwurf dazu an die Öffentlichkeit gelangt ist. Das Papier hatte es durchaus in sich: Bis 2030 etwa sollten die Emissionen halbiert werden, das Dokument gab den Plan dafür vor. Zeichne sich ab, dass Klimaziele nicht erreicht werden, müssen Sofortmaßnahmen erarbeitet werden. Als Ultima Ratio wurde eine Erhöhung bestehender fossiler Steuern geplant – was für heftige Diskussionen sorgte.

Mehr als 470 Tage ohne Gesetz

Ein Jahr später ist all das kein Gesprächsthema mehr. Das KSG gibt es nach wie vor nicht, Österreich hat bereits seit mehr als 470 Tagen keine gesetzlich festgelegten Klimaziele.

Vonseiten der Türkisen heißt es, dass noch in einigen Punkten Klärungsbedarf bestehe. Bei ihm sei nach wie vor kein offizieller Entwurf aus dem Klimaschutzministerium angekommen, sagte ÖVP-Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager zum STANDARD. "Es ist langsam Zeit, dass man damit rausrückt." Knackpunkte seien für ihn, Themen wie Klimaschutz in den Verfassungsrang zu heben. Und auch von dem von Gewessler eingeführten Klimarat der Bürgerinnen und Bürger, der im KSG verankert werden soll, hält Schmuckenschlager wenig. Er würde die repräsentative Demokratie konterkarieren. Im türkis geführten Finanzministerium heißt es wiederum, die Gespräche seien "am Laufen", politisch würde es nicht haken.

Auch im Umweltministerium ist von laufenden Verhandlungen mit der ÖVP die Rede: "Seit über einem Jahr laufen zur Erarbeitung des Klimaschutzgesetzes auch intensive Gespräche mit dem Koalitionspartner." Das heißt es allerdings schon länger: Im November 2020 stellte Gewessler in Aussicht, dass der Entwurf bis Ende 2020 vorliegen werde. Im Juni 2021 hieß es dann, dass das KSG bis zum Sommer in Begutachtung gehen soll. Und heute? "Wir arbeiten aktuell sehr intensiv an der Finalisierung des neuen Klimaschutzgesetzes für Österreich", heißt es aus dem Ministerium. Die Gespräche seien weit fortgeschritten, das Gesetz soll "zeitnah" in Begutachtung gehen.

Noch viele Streitpunkte

Auf die Frage, warum der Prozess denn so lange dauere, bekam DER STANDARD von offizieller Seite keine Antwort. Im Hintergrund wird zwar weiterverhandelt, wie ein Rundruf zeigt, eine Fertigstellung steht aber zumindest vorerst nicht im Raum. Dem Vernehmen nach gibt es noch keine Einigung beim Reduktionspfad und bei den Zwischenzielen; auch mögliche Sanktionsmechanismen sind ein Streitpunkt.

"Die Regierung muss endlich in die Gänge kommen", kritisiert Johannes Wahlmüller von Global 2000. Türkis-Grün habe bis jetzt noch keine substanziellen Pläne vorgelegt, wie man aus Öl und Gas aussteigen wolle. Kritik kommt auch von Greenpeace: "Die Regierung heftet sich zwar Klimaschutz auf die Fahnen, hat aber nach wie vor keinen Plan, wie und wo klimaschädliche Gase in den nächsten Jahren reduziert werden müssen", sagt deren Klimaexpertin Jasmin Duregger.

Kritik von SPÖ und Neos

Und auch bei Neos und SPÖ sorgt der Schlendrian für Kritik: "Was hätten die Grünen wohl früher zu einer Umweltministerin gesagt, die zwei Jahre verstreichen lässt, ohne CO2-Reduktionsziele zu setzen?", fragt die rote Umweltsprecherin Julia Herr und fordert, dass die Vorschläge endlich präsentiert werden.

Man bekomme keine Informationen über den Status quo der Novelle, kritisiert auch Neos-Umweltsprecher Michael Bernhard. Er erachtet das Klimaschutzgesetz für besonders wichtig. Dass das Gesetz noch immer nicht fertig sei, zeige, dass zumindest eine der Regierungsparteien das Ziel der Klimaneutralität hinterfragt, ist sich der Abgeordnete sicher: "Entweder blockiert die ÖVP sehr erfolgreich, oder die Grünen setzen sich erfolgreich nicht durch." (Nora Laufer, 20.4.2022)