Zum Haareraufen ist die Situation beim FC Wacker Innsbruck. Die Hoffnung auf Rettung schwindet.

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Innsbruck – Noch ist nix eingelangt." Alexander Zorzi, den Pressesprecher von Wacker Innsbruck, interessiert der Kontostand des Vereins derzeit mehr als der Tabellenplatz. Das ist wenig verwunderlich, denn die Zeit drängt, dem Traditionsverein aus Tirol blieben nur noch wenige Stunden, um bis Donnerstag die fehlenden Lizenzunterlagen nachzureichen. Es geht dabei vor allem um Geld, das fehlt. Um der Bundesliga den geforderten Finanzierungsplan vorlegen zu können, müsste der aktuelle Investor, Medizinprodukte-Unternehmer Thomas Kienle aus Deutschland, die versprochenen rund drei Millionen Euro überweisen. Bis Mittwochnachmittag tat er das nicht.

Die Vereinsführung um Präsident Kevin Radi gibt die Hoffnung dennoch nicht auf. Trotz seit Wochen immer wieder, Tag für Tag verschobener Zahlungsversprechen übt er sich in Zweckoptimismus: "Wir kriegen das mit einer Punktlandung hin." Zorzi: "Wir können jetzt nur mehr warten."

Trotz der unsicheren Situation reagierten Spieler wie Fans bisher verhältnismäßig gelassen. Wobei auch die Kicker ihrem Arbeitgeber bis 26. April ein Ultimatum stellten, um ausstehende Gehälter zu überweisen. Tut Wacker das nicht, können sie ablösefrei gehen.

Viele Fans kennen ihren Verein gar nicht anders als in massiver wirtschaftlicher Schräglage. Jüngere Wacker-Anhänger wissen nur aus Erzählungen der Alten von einst glorreichen Zeiten, als die Tiroler die führende Mannschaft Österreichs stellten, die seit den 1970ern immerhin zehn Meistertitel auf den Innsbrucker Tivoli holte. Der letzte Titel, damals unter dem Namen FC Tirol, datiert zurück auf das Jahr 2002, Trainer war ein gewisser Jogi Löw aus Deutschland.

Bitteres Déjà-vu

Vor 20 Jahren, direkt nachdem die Tiroler dreimal in Folge Meister waren, begann der tiefe Fall. Ähnlich wie heute stand der Verein wegen schlechten Managements finanziell mit dem Rücken zur Wand. Es folgten der Konkurs, der Entzug der Lizenz und die Vereinsauflösung. Der damalige Manager wurde sogar zu einer Haftstrafe verurteilt.

Der mühsame Neustart in der Amateurliga war die bittere Konsequenz. Zumindest firmiert Wacker seitdem wieder unter seinem historischen Namen. Die Rechte für den Vereinsnamen und das Wappen liegen seit dem Neubeginn bei der Fan-Initiative Innsbruck, die damit auch verhindern will, dass Wacker zu einem Retortenklub mit Sponsorennamen wird.

Weil im Profifußball ohne Geld aber nichts zu holen ist, hat man sich im Jänner 2020 nach sportlich durchwachsenen Saisonen die Zustimmung der Generalversammlung dafür besorgt, sich einen potenten Investor ins wankende Wacker-Boot zu holen. Immerhin 93 Prozent stimmten zu. Eine Entscheidung, die man am Tivoli wohl heute noch bereut. Denn schon die erste Investorenwahl endete im Desaster.

Monatelang hielt man den Namen des vermeintlichen Heils- und Geldbringers geheim. Als dann bekannt wurde, dass es sich um den Hamburger Investor Matthias Siems handelte, fingen die Querelen aber erst richtig an. Und endeten in einer wahren Schlammschlacht, im Zuge deren sich Siems und der Wacker-Vorstand allerlei Unregelmäßigkeiten bezichtigten. Im Juni 2021 schloss Wacker den Investor aus dem Verein aus. Heute trifft man sich vor Gericht. Siems verlangt die Rückzahlung getätigter Überweisungen, Wacker wiederum pocht auf Einhaltung von Vereinbarungen, sprich Zahlungen.

Im Juli 2021 wurde mit dem Russen Michail Ponomarew schon der nächste Investor präsentiert, der nun wirklich ein neues Zeitalter einläuten sollte. Es dauerte bis Jänner 2022, dann trennte man sich wegen "Auffassungsunterschieden bezüglich der zukünftigen Ausrichtung des Vereins" auch von ihm. Mit Ponomarew ging, mit Ausnahme von Geschäftsführer Thomas Kerle, auch der aktuelle Vorstand.

Tal der Tränen

Der 33-jährige Unternehmer Kevin Radi leitet seither als Präsident die Geschicke am Tivoli. Und er brachte zum Einstand einen neuen Investor mit, den eingangs erwähnten Kienle. Ob und wann der zahlt, ist wie gesagt die große Frage. Tut er es nicht, steht Wacker wieder vor dem Tal der Tränen: Lizenzentzug und Neustart in der dritten Liga als Amateurverein.

Vom Konkurs wäre zwar "nur" die GmbH, nicht der Verein an sich betroffen. Doch man würde die Heimstätte am Tivoli verlieren, die der Profiklub nur angemietet hat. Öffentliche Gelder, die vor allem für den Nachwuchsbereich und das Frauenteam verwendet werden, hat das Land Tirol seit Februar eingefroren, wie Landesrat Josef Geisler (ÖVP) bestätigt: "Es wird kein Steuergeld fließen, bis eindeutig geklärt ist, wie es beim FC Wacker weitergeht und die entsprechenden Unterlagen übermittelt werden. Diese sind bislang trotz mehrfacher Aufforderung nicht eingelangt." (Steffen Arora, 20.4.2022)