"Zweckentfremdungen" wie die (unerlaubte) touristische Vermietung von Wohnungen halten die Wiener Grünen für eine Form von spekulativem Leerstand.

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Mehrere Bundesländer wagen sich gerade an eine Abgabe für leerstehende Wohnungen heran, Wien ist aber nicht dabei. Die Wiener SPÖ hätte sich eine bundesgesetzliche Lösung gewünscht, was man mehreren Ministerien im November schriftlich mitgeteilt hatte. Vom Finanzministerium kam mittlerweile eine Absage: Leerstand sei schwer nachzuweisen, heißt es laut orf.at in dem Antwortschreiben. Es könne leicht zu Umgehungen kommen, die Abgabe könnte in die Mieten eingepreist werden, und außerdem könne sie dazu führen, dass mehr kurzfristige Mietverträge abgeschlossen werden.

Nach dem Vorbild Vorarlbergs, Tirols, Salzburgs und der Steiermark schlagen die (oppositionellen) Wiener Grünen deshalb nun ein eigenes Wiener Landesgesetz vor. Die Höhe orientiert sich dabei am Wiener Richtwert, der nun bei 6,15 Euro je Quadratmeter liegt.

4.920 Euro im Jahr für 100 Quadratmeter

"Zwei Drittel des Richtwerts pro Quadratmeter und Monat", so lautet die Formel, die für eine 100-Quadratmeter-Wohnung eine jährliche Abgabe von 4.920 Euro ergäbe. Damit läge man um einiges über dem in Salzburg und in der Steiermark in Betracht gezogenen Betrag von 1.000 Euro im Jahr für 100 Quadratmeter. Im Tiroler Entwurf ist die Höhe nach der Größe der Wohnungen gestaffelt, der Maximalbetrag liegt dort bei 2.200 Euro.

Zahlen soll das, wer eine Wohnung besitzt, die mehr als ein halbes Jahr leersteht, so der Plan der Wiener Grünen. Und das wiederum will man – wie etwa auch in Salzburg – über eine Verknüpfung des Melderegisters mit dem Gebäude- und Wohnungsregister der Statistik Austria herausfinden. Dafür bräuchte es aus datenschutzrechtlichen Gründen eine landesgesetzliche Grundlage, erklärte Wiens Grünen-Chefin Judith Pühringer auf einem Pressegespräch am Donnerstag.

Registerabgleich zur Leerstandserhebung

Wie viele Wohnungen in Wien leerstehen, weiß man nicht. Schätzungen gehen von mindestens 30.000 aus, viele davon wohl absichtlich, mutmaßt Pühringer. Sie sprach von "Wohnraub" und nannte es "absurd und obszön", dass "mit einem Grundrecht spekuliert wird".

"Zweckentfremdung" in Form von Airbnb-Vermietungen, "Entmietungen", um leere Häuser besser verkaufen zu können, oder schlicht "reine Geldanlage" nannte Wohnsprecher Georg Prack als Formen "spekulativen" Leerstands. Für geplante Sanierungen, Wohnungen in Verlassenschaftsverfahren, von gemeinnützigen Bauträgern und der öffentlichen Hand soll es Ausnahmen geben, ebenso wie für gewerbliche Bauträger bis zu einem Jahr nach Fertigstellung eines Projekts.

SPÖ sieht "Zynismus" der Grünen

Der Vorschlag richtet sich naturgemäß an die Stadtregierung, die eine solche Abgabe "ganz allein" einführen könnte, betonte Grünen-Budgetsprecher Martin Margulies. Der Vorschlag bewege sich nämlich höhenmäßig weit unter dem, was im später vom VfGH aufgehobenen Wiener Wohnungsabgabengesetz der 1980er-Jahre vorgesehen war. SPÖ-Bautensprecherin Ruth Becher nannte den Vorschlag "zynisch", weil Türkis-Grün im Bund die Richtwertanhebung nicht verhinderte, und kündigte eine Anfrage an Justizministerin Alma Zadić (Grüne) an.

FPÖ für schärferes Grundverkehrsgesetz

Aus Sicht der Wiener FPÖ wäre eine Leerstandsabgabe im Ballungsraum Wien "ein wohnpolitisches Placebo". Denn ein Vergleich mit der Zweitwohnsitzproblematik in einigen Bundesländern halte der Realität nicht stand, meint Landesparteiobmann Dominik Nepp in einer Aussendung. "Fonds müssten leerstehende Wohnungen wertberichtigen, wenn sie diese günstiger vermieten. Darum kommt es zu unnatürlichen Leerständen."

Abhilfe schaffen könne keine Abgabe, sondern nur ein verschärftes Grundverkehrsgesetz, das internationale Spekulanten in die Schranken weise. (Martin Putschögl, 21.4.2022)