Obwohl wir es aus der Vergangenheit wissen müssten, sind wir dennoch schockiert, wenn wir Genaueres erfahren. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich auch Berichte über Vergewaltigungen und sexualisierte Gewalt in der Ukraine häufen, etwa aus Butscha durch russische Soldaten. Sexualisierte Gewalt gehört zum Krieg. Sie als Kriegsverbrechen nachzuweisen ist besonders schwer. Betroffene müssen somit nicht nur mit dem Erlebten zurechtkommen, sondern auch mit einer "Kultur der Straflosigkeit" leben, wie es Frauenrechtsorganisationen formulieren.

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Gegen die russische Invasion in die Ukraine demonstrierende Frau in Berlin.
Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Erschwerend kommt hinzu, dass es für Betroffene ein Kraftakt ist, darüber zu sprechen. Durchaus verständlich: So ist es auch abseits von einer erlebten Flucht und Krieg noch immer viel zu oft der Fall, dass Betroffene durch Unwissen und frauenfeindliche Verfahren weiter in ihrer Würde verletzt werden, wenn sie darüber reden.

Und nun müssen geflüchtete Frauen womöglich auch noch erleben, dass einmal mehr andere über ihren Körper bestimmen: Wenn Frauen durch eine Vergewaltigung schwanger wurden und wie so viele in Polen Schutz suchen, wartet ein restriktives Abtreibungsgesetz auf sie, das ihnen abermals die Autonomie über ihren Körper raubt. Die Grausamkeit setzt sich also fort – und das zeigt, wie unverzichtbar globale Frauenrechte sind. Damit auch endlich die patriarchale Idee von Vergewaltigung als Territoriumsgewinn verschwindet. (Beate Hausbichler, 22.4.2022)