Es gibt viele Fragen an Manuela Schwesig (SPD).

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Zuerst hat es ein wenig gedauert. Aber dann nahm Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, doch Stellung zu jenen Vorwürfen, die sie seit Tagen belasten. "Vor einem halben Jahr gab es eine Landtagswahl", sagte sie, "und die Bürgerinnen und Bürger haben mich mit großer Mehrheit in meinem Amt bestätigt." Daher werde sie nicht zurücktreten, sondern weiter für das Land arbeiten.

Dieses hat eine lange Küste an der Ostsee und dort, im kleinen Örtchen Lubmin, kommt das russische Gas über die Pipeline Nord Stream 1 nach Deutschland. Via Nord Stream 2 hätte noch mehr eintreffen sollen, doch Berlin hat die Genehmigung nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine auf Eis gelegt.

Dubiose Stiftung

Dennoch steht Schwesig wegen Nord Stream 2 schwer unter Druck. Dass sie sich für den Bau der Gasröhre starkgemacht hat, ist bekannt. Doch nun veröffentlichte die Welt am Sonntag (WamS) Dokumente, die zeigen, dass der Einfluss der Nord Stream 2 AG, einer Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom, größer war als gedacht.

Um Sanktionen der USA an Baufirmen zu umgehen, wurde eine Stiftung für Umwelt- und Naturschutz ins Leben gerufen. Das Land gab 200.000 Euro, von der Nord Stream 2 AG kamen 20 Millionen Euro – und Anweisungen.

"Wir sollten versuchen, die Stiftung mit einem Augenzwinkern als ‚smarte Antwort‘ auf das Hardliner-Gebaren der USA zu positionieren", schrieb ein Mitarbeiter der Nord Stream 2 AG an den damaligen Energieminister Christian Pegel (SPD), der inzwischen Innenminister ist.

Nord Stream 2 nahm auch Einfluss auf die Satzung der Stiftung, das geht aus einer E-Mail von Pegel hervor. Er schrieb: "Ich habe mit den NoSt-2-Vertretern gesprochen. Ihnen lagen drei Änderungen am Herzen, die ich eingefügt und gelb markiert habe."

Nord Stream 2 hört mit

Ein andermal lautete das Begehr eines Nord-Stream-2-Mitarbeiters an den Minister und den Chef der Staatskanzlei in Schwerin, Heiko Geue (heute Finanzminister), so: "Ich würde mich sehr freuen, baldmöglichst Ihre Wordings zu bekommen. Inkonsistenz in den Aussagen und andere Diskrepanzen sollten wir dann gleich morgen früh diskutieren und zügig abstellen." Es kam auch der Vorschlag, bei einem Hintergrundgespräch mit der Presse einen Mitarbeiter teilnehmen zu lassen, "um Statements sowie Fragen und Antworten mitzuschneiden und zu protokollieren".

Der Nord-Stream-2-Vertreter wollte auch selbst per Telefon zugeschaltet werden, "natürlich passiv und nur zum Mithören". Widerspruch aus Schwerin sei in den Akten nicht vermerkt, schreibt die WamS.

Der Spiegel berichtet, dass Schwesig bei der Vergabe von Jobs in der Stiftung eingebunden war. So steht in einer E-Mail an den Chef der Staatskanzlei, in der es um den Entwurf der Ausschreibungen ging: "Manuela wollte gern vorab draufschauen können. Könnt ihr ihr diese kurzfristig zuleiten?"

Zwar bezeichnet Schwesig den Bau von Nord Stream 2 sowie die Stiftung mittlerweile als Fehler, die Stiftung wird nun auch abgewickelt. Doch die CDU fordert Schwesigs Rücktritt. Auch der Chef der Bundes-Grünen, Omid Nouripour, spricht von "verheerenden Verwebungen" und verlangt Aufklärung. Ab Mai wird sich ein U-Ausschuss des Landtages mit der Angelegenheit befassen. (Birgit Baumann aus Berlin, 21.4.2022)